bAV als modernes Vergütungselement
Die Zukunft der betrieblichen Altersvorsorge war Thema der bAV-Konferenz, die die Unternehmensberatung "Towers Watson" am 15. September in Frankfurt ausrichtete.
Angesichts des demografischen Wandels und des zurückgehenden Erwerbspersonenpotentials setzen Unternehmen verstärkt auf die betriebliche Altersversorgung (bAV) als Differenzierungsfaktor im Wettbewerb um gute Mitarbeiter. Gleichzeitig wird die Effizienz der betrieblichen Arbeitsprozesse im Zusammenhang mit der bAV weiter gesteigert. Ziel ist es, die bAV zum einen optimal auf die personalpolitischen Ziele des Unternehmens abzustimmen und zum anderen die bestmögliche Altersversorgung für die Mitarbeiter zu gewährleisten. So lautet das Fazit der bAV-Konferenz, die Towers Watson am 15. September für rund 200 Teilnehmer in Frankfurt ausgerichtet hatte. Referenten namhafter Unternehmen wie Deutsche Bank, MAN, Unilever, EnBW und BASF erläuterten anhand ihrer Unternehmenspraxis Herausforderungen und Gestaltungsoptionen für die bAV.
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"Die betriebliche Altersversorgung ist zugleich eines der modernsten und der traditionsreichsten Vergütungselemente", erklärt Dr. Thomas Jasper, Leiter der bAV-Beratung von Towers Watson Deutschland. "Dienten die ersten Pensionspläne Mitte des 19. Jahrhunderts der Sicherung des Existenzminimums, antworten Unternehmen damit heute auf das Bedürfnis vieler Mitarbeiter nach einer effizienten und vertrauenswürdigen Unterstützung bei der Ruhestandsfinanzierung", so der Altersversorgungsexperte. Er betont: "Künftig wird die bAV, auch unter Einbeziehung von Demografiefonds und Zeitwertkonten, eine noch wichtigere Rolle spielen. Angesichts älterer Belegschaften und geringerem Fachkräfte-Nachwuchs werden Unternehmen nach Wegen suchen, beispielsweise Wissensträger über das Ruhenstandsalter hinaus für eine weitere Tätigkeit zu motivieren. Hingegen wird es für andere Mitarbeitergruppen wesentlich sein, einen abgestuften Übergang in den Ruhestand oder Teilruhestand zu ermöglichen. Allerdings ist heute oftmals noch nicht absehbar, welche Mitarbeiter länger im Unternehmen bleiben sollen und möchten oder für welche Mitarbeiter ein zeitiger Ruhestandsbeginn vorteilhaft sein kann. Deshalb sollten Pensionspläne heute so gestaltet werden, dass die Entscheidung über den Zeitraum und den Beginn des Übergangs von der Erwerbstätigkeit in den Ruhestand zu einem viel späteren Zeitpunkt flexibel getroffen werden kann - angepasst an die Arbeitsgestaltung in den Unternehmen sowie die Wünsche und finanziellen Voraussetzungen der Mitarbeiter."
Pensionsplan sollte flexibel auf Bedürfnisse der Mitarbeiter antworten
Auf der Konferenz wurden aktuelle Herausforderungen und Gestaltungsoptionen für die betriebliche Altersversorgung von Referenten erläutert. So stellte Key-Note-Speaker Hans H. Melchiors, Vorstandsmitglied des Pensions-Sicherungs-Vereins aG, Köln, eindrücklich dar, was aus seiner Sicht einen zukunftsfesten Pensionsplan prägt: "Ein Pensionsplan wird vor allem dann seinen personalpolitischen Zweck erfüllen, wenn er für die Mitarbeiter eine einheitliche, nachvollziehbare und sichere Altersversorgung bietet. Sein Leistungsspektrum sollte flexibel auf die Bedürfnisse der Mitarbeiter im Verlauf der unterschiedlichen Lebensphasen antworten." Melchiors ergänzt: "Ebenso wichtig ist eine kompetente bAV-Service-Plattform, welche die Information und Beratung der Mitarbeiter übernimmt sowie einen reibungslosen Ablauf der bAV-bezogenen Prozesse gewährleistet."
MAN: Effiziente Steuerung der bAV-Prozesse
In vier Workshop-Reihen wurden Themen wie "Intelligente Plangestaltung", "Finanzierung und Risikomanagement", "Mergers & Acquisitions" sowie die effiziente Strukturierung von bAV-Prozessen anhand von Praxisbeispielen und Fachvorträgen genauer beleuchtet. Wie sich die unternehmensinternen bAV-Arbeitsprozesse, insbesondere der Jahresabschluss- und Gutachtenprozess, effizient gestalten lassen, schilderten etwa Jürgen Dahmen, Geschäftsführer MAN HR-Services GmbH, und Horst Grögler, Vice President Asset & Pension Management, von MAN. Das Münchener Nutzfahrzeug-, Motoren- und Maschinenbauunternehmen hatte 2009 mit der unternehmensweiten Vereinheitlichung seiner Pensionspläne einen Grundstein für eine effiziente Steuerung der bAV gelegt. "Die einheitliche Lösung lässt sich gut kommunizieren, sie schafft Transparenz und Akzeptanz und ist natürlich in der Verwaltung leicht handhabbar", erläutert Dahmen.
Grögler weist darauf hin, dass ebenso das integrierte bAV-System mit einem hohen Automatisierungsgrad aller Prozesse von der Datenprüfung bis zur Ergebniskonsolidierung erheblich zur Effizienzsteigerung beiträgt. Zentral definierte, einheitliche Prozesse für die Administration und die Bewertung der Pensionsverpflichtungen sowie die zentrale Vorgabe der wesentlichen Bewertungsparameter (z. B. Diskontierungssatz und erwartete Inflation) helfen, den Verwaltungs- und Abstimmungsaufwand zu minimieren. Dabei ist die Effizienz kein Selbstzweck: "Für MAN ist es wichtig, alle für die bAV eingesetzten Ressourcen optimal zu nutzen, um somit den Mitarbeitern eine sehr werthaltige Altersversorgung anbieten zu können. Zudem muss der Pensionsplan aus Unternehmenssicht gut plan- und steuerbar sein", so Grögler.
Erfolgreiche Integration von Pensionsplänen bei M&A-Projekten
Mit der Bedeutung von Pensionsplänen bei Unternehmenskäufen und -Zusammenschlüssen beschäftigte sich eine weitere Workshopreihe. "Pensionsverpflichtungen sollten in M&A-Projekten frühzeitig untersucht und bewertet werden, denn ihre sachgerechte Bewertung hat einen großen Einfluss auf die Kaufpreisfindung", empfiehlt bAV-Experte Jasper. "Ebenso wichtig ist auch, dass nach dem Vertragsabschluss die Integration gelingt. Nur bei intelligenter Post-Merger-Integration kann die bAV ihre Aufgaben als wertvolles personalpolitisches Asset erfüllen", so Jasper.
Dem pflichten Gabriele Buchs, Head of Global Benefits & Reward Germany / HR Reward, sowie Dr. Christina Meixner, Senior Expert Benefits / HR Reward, von der Deutschen Bank bei. Sie hatten nach dem Kauf der Berliner Bank die erfolgreiche Integration der Altersversorgungspläne in das Pensionssystem der Deutschen Bank geleitet. In ihrem Vortrag konnten sie daher wertvolle Praxiserfahrungen an die Teilnehmer der Konferenz weitergeben. "Die Integration war wesentlich, um die Planbarkeit der Pensionsverpflichtungen zu verbessern, die Administration zu vereinfachen und nicht zuletzt, um konzerninterne Wechsel zu erleichtern", erklärt Buchs. Die neuen, modernen Kapitalzusagen überzeugten Betriebsrat und Mitarbeiter gleichermaßen: 98 Prozent entschieden sich dafür. Meixner betont, dass dies nicht zuletzt durch ein umfassendes, gut durchdachtes Informations- und Beratungspaket möglich gemacht wurde. "So konnten die unterschiedlichen Altzusagen zügig in den neuen, integrierten Pensionsplan überführt werden", freut sich die Benefits-Expertin.
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Komplexe Altersversorgungsfragen optimal entscheiden
Zum Abschluss der Konferenz erläuterte Prof. Dr. Dr. Gerhard Roth, Institut für Hirnforschung der Universität Bremen, in seinem Vortrag "Entscheidungen: Gefühl oder Verstand, was ist ausschlaggebend?" wie Entscheidungsprozesse im menschlichen Gehirn ablaufen. Sein Fazit: "Wie wir uns entscheiden und wie wir handeln, wird weder vom Verstand noch vom Gefühl allein gesteuert." Er plädiert dafür, insbesondere bei hyperkomplexen Entscheidungen neben dem Experten-Verstand die auf langer Erfahrung beruhende Intuition zu nutzen. Hyperkomplexe Entscheidungen zeichnen sich durch eine große Vielfalt an Sachinformationen und Handlungsoptionen sowie eine langfristige Tragweite und gravierende Konsequenzen aus. "Hierzu zählt beispielsweise die Entscheidung über eine adäquate Altersversorgung, sowohl aus Unternehmens- als auch aus Mitarbeitersicht", so Roth. Aus Sicht der Hirnforschung lohne sich bei der Entscheidungsfindung, zunächst die vorliegenden Informationen auf das Wesentliche zu beschränken und ein bis zwei Handlungsoptionen sachlich zu diskutieren. Die eigentliche Entscheidung solle jedoch einen Tag zurückgestellt werden, empfiehlt der Neurobiologe. Er betont: "Diese Denkpause ist unerlässlich, denn nur so erhalten Intuition und Erfahrungsgedächtnis genug Zeit, um das Problem zu verarbeiten. Auf diese Weise lässt sich eine fundierte Entscheidung treffen, die das gesamte Potenzial des menschlichen Gehirns bestmöglich ausschöpft."