Frauen im Fokus der Assekuranz
Beim Nordbayerischen Versicherungstag in Coburg, der am 10. November 2011 vom Berufsbildungswerk der Versicherungswirtschaft Nordbayern-Thüringen und Forum V ausgerichtet wurde, standen Frauen im Fokus der Assekuranz.
Experten aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft diskutierten über den Erfolgsfaktor Frauen in Führungspositionen, aber auch über spezielle Erfordernisse an die Produktentwicklung der Assekuranz.
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Bereits seit über 20 Jahren betreibt die Wirtschaftsprofessorin und Buchautorin Prof. Dr. Sonja Bischoff Führungskräfteforschung. Der Anteil von Frauen in Führungspositionen stieg in dieser Zeit kontinuierlich von vier auf etwa 20 bis 30 Prozent an, je nachdem welche Quelle verwendet wird. Wie viele Frauen es in Zukunft sein werden, hängt von den Studienentscheidungen junger Frauen ab, erklärt Bischoff. Rund 80 Prozent der Führungsnachwuchspositionen werden künftig mit Absolventen der Wirtschafts-, Natur- und Ingenieurwissenschaften besetzt werden. In diesen Studiengängen liegt der Frauenanteil allerdings nur bei rund einem Drittel. Frauen, die Karriere machen wollen, sollten unbedingt nachfragekongruent studieren, empfiehlt Bischoff. Wichtiger, als auf eine pure Erhöhung des Frauenanteils zu drängen, sei es, sich auf die Beseitigung des Einkommensnachteils zwischen Männern und Frauen in vergleichbaren Positionen zu konzentrieren. Denn mit steigendem Einkommen steigt – genau wie bei Männern – auch der Anteil aufstiegswilliger Frauen, so Bischoff. In ihrem Vortrag „Wer führt in (die) Zukunft“ rief sie Frauen zu mehr Mut und Unternehmen zu einer konsequent leistungsorientierten Unternehmenskultur auf, in der sich Verhalten und Gratifikation der angestellten Führungskraft am Modell des Unternehmers orientieren.
Erfolgreiche Unternehmerinnen geben hier ein gutes Vorbild ab. Dank ihrer höheren Dispositionsfreiheit bei Arbeitszeit und Arbeitsort haben sie häufig deutlich mehr Kinder – und das bei längeren Wochenarbeitszeiten. „Nicht Teilzeit, sondern Vollzeit mit unternehmerischer Handlungsfreiheit und Verantwortung ist das Erfolgsrezept für Frauen und Unternehmen in der Zukunft“, so Bischoff.
Familienfreundliche Regelungen bei der BaFin
Eine zentrale Rolle bei der Vereinbarkeit von Beruf, Karriere und Familie kommt den Arbeitgebern zu. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hat sich hier als besonders familienfreundlich positioniert. BaFin-Exekutivdirektorin Gabriele Hahn zeigte in ihrem Vortrag auf, welche Maßnahmen bei der Aufsichtsbehörde für rund 2.000 Beschäftigte getroffen wurden. So gibt es beispielsweise gleitende Arbeitszeiten mit familienfreundlichen Kern- und Rahmenarbeitszeiten, individuelle Teilzeitregelungen und Telearbeitsplätze. Aber auch eine eigene Kindertagesstätte sowie ein Stillzimmer und ein Eltern-Kind-Arbeitszimmer mit Spielecke, um kurzfristige Engpässe bei der Kinderbetreuung überbrücken zu können, sind vorhanden. Ziel der Maßnahmen ist es, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf für alle beschäftigten Frauen und Männer zu verbessern. Aber auch eine paritätische Verteilung von Männern und Frauen zu erreichen, vor allem in den Bereichen, in denen Frauen bisher unterrepräsentiert sind. Hierzu wurde von der BaFin ein eigener Gleichstellungsplan aufgestellt.
Berufsbegleitende Qualifizierung trotz Familienplanung
Die Entwicklung zur Wissensgesellschaft und der demographische Wandel stellen Unternehmen vor große Herausforderungen, erklärt Prof. Dr. Petra Gruner von der Hochschule Coburg. Die Anforderungen an Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter steigen permanent, jedoch geht die Zahl der Arbeitskräfte kontinuierlich zurück. Gleichzeitig kommen immer weniger junge Menschen auf den Arbeitsmarkt. Das wesentliche Potenzial stellen daher die bereits beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dar.
„Die Versicherungswirtschaft hat hier eine Vorreiterrolle eingenommen, auch in Hinsicht auf die Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Studium“, sagt Gruner. Seit 2009 kann beispielsweise eine berufsbegleitend erworbene Qualifikation, wie der Versicherungsfachwirt, unabhängig vom Schulabschluss die Hochschulzugangsberechtigung ermöglichen. Zudem werden seit 2011 berufsbegleitende Bachelor-Programme, wie der Bachelor-Studiengang Versicherungswirtschaft (B.A.) an der Hochschule Coburg, angeboten. Das zeitliche Format - die Veranstaltungen finden freitags von 16.00 Uhr bis 20.00 Uhr und samstags von 8.30 Uhr bis 16.30 Uhr statt - erlaubt es, Beruf und Studium miteinander zu vereinbaren. Aus einer „entweder/oder- Entscheidung“ ist damit ein entschiedenes „sowohl als auch“ geworden, erklärt Gruner. Die berufsbegleitenden Programme bieten speziell für Frauen eine Chance zur Weiterqualifizierung und zum Wiedereinstieg in das Berufsleben während oder nach einer Familienpause.
Die Quote wird kommen – nicht lamentieren, sondern Chancen nutzen
Frauen müssen heute nicht mehr um ihre gesetzliche Gleichstellung kämpfen, wie dies über 200 Jahre lang der Fall war. Im Gegenteil: Heute wird in Brüssel und Berlin darüber diskutiert, wie der gesetzliche Gleichstellungsanspruch auch faktisch erreicht wird, zur Not mit Hilfe gesetzlicher Regelungen. Die Zeichen stehen also gut für Frauen mit Potenzial. Doch nicht nur in der Versicherungswirtschaft, sondern in allen Branchen in Deutschland sind Frauen in Führungspositionen weiterhin rar. Im Forum „Frauen in Führungspositionen“ beleuchtete Moderatorin Dr. Katharina Höhn, Hauptgeschäftsführerin des Berufsbildungswerks der Deutschen Versicherungswirtschaft (BWV), die Ursachen und zeigte den Teilnehmerinnen Wege auf, wie sie ihre Potentiale nutzen können. Gleichzeitig wurden auch die männlichen Teilnehmer ermutigt, ihre Chancen zu sehen, wenn Frauen sich auf den Weg in Führungspositionen aufmachen.
Frauen brauchen mehr Sicherheit als früher
Neben Karrierethemen ging es beim Nordbayerischen Versicherungstag aber auch um spezielle Vorsorgelösungen für eine attraktive Kundengruppe. „Frauen brauchen mehr Sicherheit als früher – denn das traditionelle Rollenverständnis hat längst ausgedient, erklärt Peter M. Endres, Vorstandsvorsitzender der Ergo Direkt Versicherungen. Frauen sind heute selbstbewusst, unabhängig, gut ausgebildet und berufstätig. Die emanzipierte und selbstständige Frau nimmt ihre finanzielle Vorsorge selbst in die Hand. So stieg beispielsweise die Erwerbsquote in den vergangenen 10 Jahren um 3,3 Prozent. Auch innerhalb der Familie werden Kaufentscheidungen in Deutschlands Haushalten mittlerweile bereits zu 80 Prozent von Frauen getroffen.
Mit speziellen Zielgruppenlösungen punkten
Das Kaufverhalten von Frauen ist allerdings anders als das von Männern. Frauen informieren sich mehrmals, wägen ab und fragen nach Hilfe und Empfehlungen bei ihren Freunden.
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„Ihre Auswahl erfolgt also erst, wenn vermeintliches Unwissen und Unsicherheit über das Produkt beseitigt sind. Daran sollte sich die Kommunikation ausrichten – und selbstverständlich müssen auch die Produkte auf die spezifischen Bedürfnisse von Frauen eingehen“, so Endres. Es gilt, Produktvariationen bzw. - erweiterungen und -entwicklungen speziell für Frauen zu schaffen. Eine solche Produktvariation wäre etwa, einen Zahntarif um die Leistungskomponente „Bleaching“ zu erweitern. Ein neues frauenspezifisches Produkt könnte auch eine Gebärmutterkrebsvorsorge sein, erklärte Endres.