Es muss den Mitgliedern der Jungen Union ein Schreck durch die Glieder gefahren sein, als sie sich die lange Liste der Sponsoren anschauten, die sich am Presseempfang des 24. Bundesparteitages der Christdemokratischen Union Deutschlands beteiligten. Dort war neben allerlei ehrbaren Unternehmen – unter anderem dem Verband der Privaten Krankenversicherung, der Bertelsmann-Stiftung, N-TV, Microsoft, McDonalds, dem Grünen Punkt und dem Zigarettenhersteller Phillip Morris- auch eine Firma aufgeführt, die so gar nicht dem freiheitlich-demokratischen Grundverständnis der Jungunionisten entsprechen wollte: die Rotkäppchen Sekt GmbH!

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Doch erinnern wir uns. Rotkäppchen ist nicht nur ein kleines Mädchen aus den Hausmärchen der Brüder Grimm, das nur knapp den Fängen eines bösen Wolfes entkam. Rotkäppchen ist auch eine Sektkellerei, beheimatet im sachsen-anhaltinischen Freyburg: ein kleiner Ort im Osten Deutschlands, idyllisch in der Provinz gelegen, zwischen Weinhängen und Ritterburgen: dort, wo sich die Flüsse Unstrut und Saale "Gute Nacht!" sagen. Einst produzierte diese Sektkellerei als volkseigener Betrieb ein alkoholhaltiges Getränk, das sich bei der Bevölkerung der Deutschen Demokratischen Republik großer Beliebtheit erfreute. Nach dem Zusammenbruch der DDR ging das Unternehmen nicht einfach pleite, sondern wagte es sogar, seine Hände gen Westen auszustrecken: Im Jahr 2002 verleibte man sich kurzerhand ein westdeutsches Traditionsunternehmen ein, die Mumm-Sektkellerei! Nun werden auch die alten Bundesländer von dem früheren sozialistischen Betrieb mit alkoholhaltiger Blubberbrause beliefert.

Den Jungunionisten mag es wie Scheuklappen von den verfassungstreuen Augen gefallen sein: ein ehemals sozialistischer Betrieb sponsert eine CDU-Veranstaltung, zudem einer, der das Rotsein sogar im Namen trägt! Ist dieses Rotkäppchen nicht selbst der böse Wolf, der unser liebes Mädchen – die freiheitlich-demokratische Grundordnung – schlucken will? Und was bedeutet es, wenn sich Jungunionisten diesem Teufelsgetränk auf einem Presseempfang hingeben müssen, womöglich im Beisein der CDU-Granden, von Volker Bouffier und Pressemenschen wie Jakob Augstein? Und stand nicht gerade Sekt und Champus immer für die Verheißung des gesellschaftlichen Aufstiegs, für Luxus und gesellschaftliches Streben, für den Weg nach ganz oben, mit anderen Worten: für die liberale Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung? Dieses Getränk, das für die Mehrheit der Bevölkerung lange Zeit schlicht zu teuer war? Nun sollte sich also die junge Union mit einem Rauschmittel aus ehemals sozialistischer Produktion vergiften – aber nicht mit uns! Wir stellen uns der roten Gefahr, mag sie als Dornfelder Wein oder Sekt der Sorte „Cuvée Rubin" daherkommen, entgegen!

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Weil es sich so ereignet haben könnte, fand unter den über 2000 Anträgen, die auf dem CDU-Parteitag verhandelt werden mussten, auch ein delikater Antrag der Jungen Union seinen Weg in die Protokolle. Man möge doch bitte prüfen, „ob die Verherrlichung der DDR durch sogenannte „Ostalgie-Produkte“ verboten werden kann.“ Zwar beeilte man sich schnell zu betonen, dass es ja gar nicht um ein Verbot ehemaliger DDR-Marken gehe. Man wolle nur DDR-Symbole wie Hammer und Sichel, die DDR-Fahne oder die FDJ-Blauhemden verbieten. Diese sollen dem Tatbestand „Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen“ zugeordnet und strafbar gemacht werden. Doch auch so manch einem CDU-Politiker mag ob des Antrages das Sektglas aus der Hand gefallen sein – ob vor Lachen oder Beschämung, ist vorerst nicht verbürgt. Und wenn sie nicht mehr nüchtern sind, dann tagen sie noch heute!



Mirko Wenig