Wirtschaftspolitische Herausforderungen 2012
Auf die Stabilisierung der Währungsunion muss nach Analyse des IMK eine tiefgreifende Reform folgen. Als Schlüssel dazu sehen die Wissenschaftler eine bessere Balance der Leistungsbilanzen unter den Eurostaaten. Dazu gehöre auch ein Abbau der sehr hohen deutschen Leistungsbilanzüberschüsse. Deren Ausweitung im vergangenen Jahrzehnt sei nur mit dem Euro möglich gewesen, schreiben die Ökonomen. Denn hätte die Bundesrepublik noch die D-Mark gehabt, wäre deren Wechselkurs parallel zum Plus in der Leistungsbilanz gestiegen, was deren weiteren Anstieg gebremst hätte. "Durch den Euro wurde ein wichtiger Regulierungsmechanismus ausgeschaltet. Und das hat wiederum die Partner in der Währungsunion unter Druck gebracht. Nicht nur die Krisenländer, sondern beispielsweise auch unseren wichtigsten Handelspartner Frankreich", erklärt Horn. "Anders als zumeist behauptet, liegen Leistungsbilanzüberschüsse nicht im nationalen Interesse. Denn sie basieren auf den Schulden der anderen und sind insofern kein nachhhaltiger Wohlstand, sondern Vorboten von Krisen", analysiert das IMK. "Denn das so erworbene Auslandsvermögen verliert periodisch an Wert."
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Balance der Leistungsbilanzen statt Transferunion
Die Forscher halten es daher für unverzichtbar, die Binnenwirtschaft in Deutschland zu stärken. Dazu schlagen sie Reformen vor, die die negativen Folgen der Arbeitsmarkt-Deregulierung des letzten Jahrzehnts korrigieren und eine kräftigere Entwicklung von Löhnen und Konsum ermöglichen. Eine Stabilisierung des Tarifvertragssystems durch verstärkte Allgemeinverbindlicherklärung von Tarifverträgen zählt das IMK ebenso dazu wie einen gesetzlichen Mindestlohn und Neuregelungen, die verhindern, dass Leiharbeit und Minijobs als Instrumente zur Kostensenkung missbraucht werden können.
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Als eine wesentliche institutionelle Reform für den Euroraum schlägt das IMK die Gründung eines Europäischen Währungsfonds (EWF) vor. Er soll präventiv verhindern, dass die Leistungsbilanzen der Euroländer zu stark auseinanderlaufen. Falls gleichwohl eine Krise eintritt, sollte der EWF genug Geld zur Verfügung haben, um notleidende Mitgliedsländer mit niedrig verzinsten Krediten unterstützen zu können. Im Gegenzug müssten die Problemländer Auflagen akzeptieren, um ihre Leistungsbilanz wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Finanziert werden sollte der EWF durch Einlagen der Mitglieder, wobei Länder mit Leistungsbilanzüberschüssen einen erhöhten Beitrag zu zahlen hätten. Damit, so das IMK, entstehe auch bei ihnen ein Anreiz, eine Wirtschaftspolitik zu betreiben, die zum Ausgleich ihrer Leistungsbilanz beiträgt. Der bereits beschlossene Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM) könnte der Kern einer solchen Institution sein, so das IMK. Ohne eine derartige sanktionsbewährte Kontrolle der Leistungsbilanzen sehen die Forscher nur zwei Alternativen für die Eurozone: Entweder kommt es zur Umwandlung in eine Transferunion - oder die Währungsgemeinschaft zerbricht.
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