Aufgrund der durchaus positiven Finanzsituation werden in diesem Jahr wohl fast alle gesetzlichen Krankenkassen ohne einen Zusatzbeitrag auskommen, wenn auch zum Teil mit erheblichen Anstrengungen. Auch in 2012 und 2013 bleibt es oberste Priorität, einen Zusatzbeitrag zu vermeiden. Erheben Krankenkassen einen Zusatzbeitrag, müssen sie sich auch bei gutem Service und Extraleistungen auf einen massiven Mitgliederschwund einstellen. Bereits ein vergleichsweise geringer Zusatzbeitrag von fünf Euro monatlich ist für vier von zehn gesetzlich Versicherten ein potenzieller Wechselgrund, wie aus einer Studie der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC hervorgeht.

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Seit Einführung des Zusatzbeitrages im Jahr 2010 entfielen über 90 Prozent aller Mitgliederverluste auf Kassen, die den Obulus verlangen. Von den Befragten, deren Kasse derzeit noch einen Zusatzbeitrag erhebt, wollen 12 Prozent "auf jeden Fall“ oder zumindest "sehr wahrscheinlich“ ihre Mitgliedschaft kündigen. Demgegenüber sagen dies nur zwei Prozent der Versicherten, die den Beitrag nicht zahlen müssen. Der Zusatzbeitrag ist der am häufigsten angeführte Wechselgrund (63 Prozent), vor Leistungsangebot (40 Prozent) und Service, Freundlichkeit, Erreichbarkeit (27 Prozent). Für die Studie wurden im August 2011 insgesamt 750 Mitglieder gesetzlicher Krankenversicherungen zwischen 18 und 65 Jahren befragt.

"Vor allem jüngere und damit tendenziell gesündere Versicherte verlassen ihre Kasse, wenn diese einen Zusatzbeitrag verlangt. Es gehen ausgerechnet die Mitglieder, die für ihre Beiträge vergleichsweise wenige Leistungen beanspruchen, so dass sich die Finanzlage der Kasse schließlich sogar verschlechtern kann“, kommentiert Nikolaus Schumacher, Partner bei PwC im Bereich Gesundheitswesen und Pharma. Das Durchschnittsalter der grundsätzlich wechselwilligen Befragten liegt bei knapp über 36 Jahren. Die deutliche Mehrheit (63 Prozent) ist männlich. Zudem sind nur bei 13 Prozent der Wechselbereiten Familienangehörige beitragsfrei mitversichert – im Durchschnitt aller Befragten sind es 20 Prozent.

Zusatzleistungen können Zusatzbeitrag nicht kompensieren

Kaum Aussichten auf Erfolg hat die Strategie, die abschreckende Wirkung eines Zusatzbeitrages durch besondere Leistungen, Wahltarife und Bonusprogramme zu kompensieren. Zwar wissen die befragten Wechselbereiten derartige Extras durchaus zu schätzen. Doch kann keine der abgefragten Leistungen auch nur einen Zusatzbeitrag von fünf Euro aufwiegen. Die aus Sicht der Befragten attraktivsten Zusatzleistungen – nämlich die professionelle Zahnreinigung und das Hautkrebs-Screening – würden für eine knappe Mehrheit (56 Prozent) einen Zusatzbeitrag von 2,50 Euro monatlich ausgleichen.

"Selbst wenn die Kasse dank einer guten Verhandlungsposition günstige Angebote für Zusatzleistungen aushandeln könnte und man von der Einsparung möglicher Folgekosten ausgeht, kosten diese Services mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit mehr, als sie betragsmäßig an Zusatzbeitrag kompensieren können“, betont Schumacher.

Kostenmanagement steht ganz oben auf der Agenda

Für die Kassen folgt daraus, dass die Vermeidung eines Zusatzbeitrages absolute Priorität haben muss. Um Kosten zu senken, sollten neben den Verwaltungsausgaben auch Zusatzleistungen auf den Prüfstand. Denn ein Abbau in diesem Bereich hat zwar eventuell auch Auswirkungen auf die Mitgliederzahl, allerdings werden die Verluste niedriger sein als bei der Erhebung eines Zusatzbeitrages.

Für Krankenkassen mit finanziellem Spielraum sind Zusatzleistungen demgegenüber eine wesentliche Option, um sich im Wettbewerb zu profilieren und Mitglieder zu gewinnen. Auch wenn die Zusatzleistungen keinen Zusatzbeitrag kompensieren können, sind sie als kostenlose Leistung für die Versicherten attraktiv. Damit ändert sich der Wettbewerb in 2012: In den letzten Jahren fand ein Preiswettbewerb statt. Kassen, die Zusatzbeiträge erhoben, verloren massiv Mitglieder. In 2012 dürften die Wechselbewegungen geringer ausfallen und der Wettbewerb wird über die zusätzlichen Leistungen stattfinden.

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"Wichtig ist dabei, dass die Leistungen flexibel konzipiert werden, so dass sie schnell angepasst werden können, falls sich die Finanzlage wieder verschlechtert. Dies dürfte ab 2014 der Fall sein“, erwartet Schumacher.