Verbraucherzentrale Bundesverband fordert strengere Regeln für Abmahnindustrie
Während vor allem die Musik- und Filmindustrie in Deutschland die Debatte über Urheberrechtsverletzungen im Internet dominiert, verweist der „Verbraucherzentrale Bundesverband“ auf eine nach wie vor ungeklärte Rechtslage – und fordert, die teils unberechtigt hohen Kosten für Verbraucher zu beschränken.
Im Urheberrecht müssen Verbraucher besser vor Abmahn-Abzocke geschützt werden. Das fordert der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) in einem aktuellen Positionspapier und verlangt eine gesetzliche Klarstellung. Die Forderung des Verbrauchschutz-Dachverbandes: Bei Verstößen dürfe die erste Abmahnung maximal 100 Euro für die Verbraucher kosten, soweit sie privat handeln. „Die derzeitige Regelung enthält zu viele Schlupflöcher und kann die Abmahnindustrie nicht stoppen“, erklärt Cornelia Tausch, Leiterin des Fachbereichs Wirtschaft und Internationales. Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger hatte im Dezember 2011 angekündigt, bald einen Gesetzentwurf vorlegen zu wollen.
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Die Verbraucherzentralen berichten zudem, dass sich die Beschwerden von Verbrauchern häufen, die teils ungerechtfertigte Abmahnungen im Zuge angeblicher Urheberrechtsverletzungen erhalten haben. Wer eine Software, ein Video oder ein Musikstück im Internet kostenlos herunterlädt, läuft Gefahr, sich eine Abmahnung einzuhandeln. Doch nicht immer sind diese gerechtfertigt. Betroffen sind auch Menschen, die weder Computer noch DSL-Router besitzen oder zum fraglichen Zeitpunkt nachweislich nicht im Netz waren. „Es geht uns nicht darum, Rechtsverstöße zu bagatellisieren. Aber es drängt sich der Eindruck auf, dass Rechteinhaber und Anwälte Abmahnungen als lukratives Geschäftsmodell entdeckt haben“, erläutert Tausch.
Abzocke mit Massenabmahnungen?
Um Verbraucher vor ungerechtfertigten Massenabmahnungen zu schützen, sieht das Urheberrechtsgesetz seit 2008 vor, die Kosten für die erste Abmahnung unter bestimmten Voraussetzungen bei 100 Euro zu deckeln. Doch nach Ansicht des vzbv greife die Regelung in der Praxis nicht, da nach jetziger Rechtslage unklar bleibe, was privat und was geschäftlich sei. So definiere das Gesetz nicht ausdrücklich, dass eine Urheberrechtsverletzung nur dann ein gewerbliches Ausmaß habe, wenn Verbraucher eine Gewinnabsicht verfolgen. Die Folge: Richter würden den Begriff „gewerbliches Ausmaß“ sehr weit auslegen, nach Ansicht der Verbraucherbehörde oftmals zulasten der Verbraucher. So reiche es schon, einen Film oder ein Musikalbum in eine Tauschbörse einzustellen, ohne dass damit eine Gewinnabsicht verbunden ist. Die Kosten einer Abmahnung betragen dann schnell mehrere hundert Euro.
Der vzbv fordert hier eine gesetzliche Klarstellung: Abmahnungen dürfen maximal 100 Euro kosten, wenn Verbraucher unerlaubt urheberrechtlich geschützte Inhalte privat nutzen.
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Internetprovider sind keine Hilfssheriffs
Das von Seiten der Rechteinhaber favorisierte so genannte Warnhinweismodell lehnt der vzbv aus datenschutzrechtlichen Gründen ab. Dabei müssten die Internetprovider das Nutzerverhalten protokollieren, speichern und bei Urheberrechtsverstößen Warnmeldungen an die Kunden verschicken. „Dienstleister dürfen keine Hilfssheriffs sein, die ihre Kunden ausspähen“, kritisiert Tausch. Wenn Rechteinhaber Verbraucher bei einfachen Verstößen warnen wollen, so könnten sie ihnen schon heute per Post einen Brief schicken.