"Ansteckungsgefahr ist riesig"
Eine Insolvenz Griechenlands würde höchst wahrscheinlich zu einer unkontrollierbaren Eskalation der Krise im Euroraum führen. Darauf weist Prof. Dr. Gustav A. Horn hin.
"Wenn es stimmt, dass wichtige Personen in der Bundesregierung eine Pleite des griechischen Staates mit anschließendem Schuldenschnitt für einen Beitrag zur Krisenlösung halten, dann gilt in der Eurozone wieder Alarmstufe rot", sagt der Wissenschaftliche Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) in der Hans-Böckler-Stiftung.
Anzeige
"Eine Staatsinsolvenz ist immer ein tiefer Einschnitt, der in den betroffenen Ländern zu Wohlstandsvernichtung und oft zu Chaos führt", betont Horn. Alle historischen Erfahrungen zeigten, dass Staaten nach einer Pleite über lange Zeit von den Kapitalmärkten abgeschnitten blieben. In einer Währungsunion sei von diesen Konsequenzen nicht nur das insolvente Land selber betroffen, sondern auch seine Währungspartner. "Es ist naiv darauf zu setzen, dass die Finanzmärkte eine Insolvenz Griechenlands insgeheim schon antizipiert hätten und darum als rein formalen Akt hinnehmen würden. Eine Pleite würde vielmehr vollends Panik bei den Anlegern auslösen. Wir haben bereits im vergangenen Herbst erlebt, wie schnell ein daraus entstehender Käuferstreik auf Länder übergreift, bei denen sich das zuvor niemand hat vorstellen können. Die Ansteckungsgefahr ist riesig", sagt Horn.
Zudem müssten die europäischen Partner Griechenland gerade nach einer Pleite mit viel Geld unterstützen, um einen Kollaps des Landes zu verhindern. "Wer vor einem Fass ohne Boden warnt, sollte diese Zuspitzung vermeiden. Denn sonst tut sich unter dem Fass die Erde auf."
Anzeige
Es gebe derzeit keine grundsätzliche Alternative zum Stabilisierungskurs - auch wenn die aktuellen Entwicklungen nicht befriedigend seien. "Ich kann jeden verstehen, den die Situation frustriert. Aber es hilft nicht, jetzt die Nerven zu verlieren. Dass es nur im Schneckentempo vorangeht hat auch nicht nur mit den offensichtlichen Defiziten der griechischen Politik zu tun, sondern ebenfalls mit gravierenden Fehlern in der europäischen Rettungsstrategie", so Horn. "Es ist richtig, dass Griechenland sparen muss. Aber es nützt nichts, dazu immer neue Sparprogramme zu verlangen, die vor allem eines bewirken: die wirtschaftliche Entwicklung vollends abzuwürgen."