Herrschte bisher reichlich Skepsis über das Thema Social Media in der Versicherungsbranche (der Versicherungsbote berichtete: „Versicherungen verpassen Chancen der neuen Medien“), so wurden durch ein Fachsymposium vom 28. bis 29. Februar noch einmal die Chancen für die Assekuranz betont.

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Wir werden es nicht schaffen Dinge geheim zu halten, die digital sind

Die Versicherungsforen Leipzig hatten eine Reihe von Experten der Branche zum Fachsymposium „Social Media in der Versicherungswirtschaft“ in die Messestadt gelockt. Diese erklärten, warum Social Media auf die Agenda jeder Versicherung gehört. Als erstes erläuterte Prof. Dr. Albrecht Schmidt von der Universität Stuttgart die Nutzung von Plattformen wie Facebook und Google Plus mit Hilfe der sieben Todsünden. So sind vor allem Eitelkeit, Stolz und weitere Sünden Antriebsfeder für das öffentliche Leben im Netz. Dies könne man sich beim Marketing zu Nutze machen: Etwa durch Retweets, also die wörtliche Wiederholung einer Kurznachricht, die das Ego des Urhebers kitzeln.

Social Media ist nicht „nine to five", sondern fast "24/7"!

Henning Meyer, Abteilungsdirektor Vertriebsentwicklung Sparkassen-Versicherung Sachsen, hatte vor zwei Jahren einfach mit der gewerblichen Social-Media-Nutzung losgelegt. Dabei betonte er, dass es damals in den Anfangstagen auch für Unternehmen durchaus erlaubt war Fehler, zu machen. Mittlerweile gehört eine klare Strategie jedoch zum Erfolg im Netz - „Die Experimentierzeit ist vorbei“, so lautete der Titel seines Vortrages. Dieser Zuspruch sollte jedoch ehrlich erwirtschaftet und nicht lediglich über Gewinnspiele oder andere Zugpferde generiert werden. Wichtig ist laut Meyer nicht die Anzahl der Fans oder Follower, sondern Social Media bedeutet für ihn, emphatisch gesprochen, „im Herzen zu berühren“. Er plädierte für eine zielgruppengerechte Online-Ansprache durch professionelle Social-Media-Aktivitäten.

Die Schnelllebigkeit der neuen Medien fordert aber auch einen neuen Umgang mit der Arbeit. So ist es bei der Sparkassen-Versicherung Sachsen durchaus erlaubt Facebook & Co. auf Arbeit zu nutzen. Dies dürfe aber nicht als Arbeitszeit angerechnet werden. Dafür sind Meyers Mitarbeiter aber auch in ihrer Freizeit gerne bereit, Fragen der User schnell zu beantworten. Antwortzeiten von einer Stunde sind daher keine Seltenheit und absolute Spitzenklasse.

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Carina Bödecker, Online-Koordinatorin im Bereich Marketing/ Marktkommunikation bei der Provinzial Rheinland Versicherung AG, ging auf die Social-Media-Nutzung ihres Unternehmens ein. Die Provinzial bietet ihren Außendienstlern mittlerweile die Erstellung einer eigenen Vermittlerseite auf Facebook an. Dadurch kann ein einheitlicher Auftritt aller Agenturen im Netz gewährleistet werden. Weiterhin werden so die Cooperate Identity-Inhalte weitergetragen, da das Textmaterial allen Vertriebsmitarbeitern zur Verfügung steht, und rechtliche Fehler bei der Nutzung vermindert. Durch das Angebot von Social Media Workshops wurden sogar die Social-Media-Muffel unter den Vermittlern vom Nutzen der neuen Medien überzeugt.

Entwickelt Google bald sein eigenes Vergleichsportal?

Für Philippe Renfer, Google Account Manager Finance, liegt die Zukunft in den Funktionen von neuem Google-“Spielzeug“. Nach diversen Versuchen in der sozialen Welt zu punkten, legte Google Plus im vergangenen Jahr einen Senkrechtstart hin: Viele User hatten sich für das neue Social-Media-Angebot angemeldet. Momentan stagniert die Entwicklung allerdings etwas. Zwar hat Google einen ungebrochenen Zufluss an neuen Mitgliedern, mit lediglich zwei Minuten Verweildauer je Sitzung liegt man jedoch recht deutlich hinter dem Klassenprimus Facebook (ca. 18 Minuten). …weiter auf Seite 2

Keine Angst vor Social Media

Dennoch ist der Weg in die sozialen Netzwerke vorgezeichnet. Immerhin werden derzeit 77 Prozent der markenrelevanten Suchbegriffe in Youtube, Twitter und Facebook von Usern generiert. Da sich bereits jetzt eine gute Bewertung bei Google Plus, via häufiger Nutzung des Plus-Buttons, positiv in den Suchergebnissen der wichtigsten Suchmaschine auswirkt, wird man in Zukunft kaum an der Nutzung von „Google Plus“ vorbei kommen. Renfer wies auf einen weiteren Vorteil von Google Plus hin: „Wenn man es schafft, echte Beziehungen zu Usern aufzubauen, erwachsen daraus enorme Multiplikationspotentiale.“


SOCIAL Media erfordert eine individuelle Herangehensweise.

Die Kunden sind bereits im Netz und haben Fragen. Dieses Szenario musste Dr. Rainer Demski, Geschäftsführer von Social Markets Research, nicht künstlich konstruieren. Anhand einer aktuellen Anfrage auf der Wissensplattform gutefrage.net wurden neue Wege zum Kunden aufgezeigt. Mit individuellen Lösungen soll so der neue Markt aufgemischt werden.

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Mitarbeiter brauchen "Kommunikations-Prokura"

Anschließend klärte Dr. Carsten Ulbricht, Rechtsanwalt und Blogger (www.rechtzweinull.de), über viele rechtliche Belange auf. Der Teufel steckt, wie so oft, auch hier im Detail. Dazu wurden viele interessante Fragen geklärt: Was macht man mit den „Likern“, die rechtlich schwierige Beiträge geliked haben? Verboten ist im Social Web beispielsweise verschleierte Werbung - dadurch wird das Wettbewerbsrecht verletzt. Als Unternehmen trägt man dabei auch Verantwortung für die Mitarbeiter, wenn sie Schleichwerbung auf Social-Media-Plattformen platzieren. Social Media Guidelines sollten deshalb wichtige Orientierungshilfe für Mitarbeiter und Vertrieb sein.

Nicht während seines Vortrags, vielmehr in der Kaffeepause, machte eine interessante Formulierung die Runde: „Mitarbeiter brauchen Kommunikations-Prokura“. Jeder Mitarbeiter sollte eine Vollmacht erhalten, was er auf Social-Media-Plattformen stellvertretend für sein Unternehmen sagen darf - und was er zu unterlassen hat.

Wie ein soziales Netzwerk erfolgreich in die Firmenkommunikation eingebaut werden kann, zeigte anschließend Gerhard Käfer von Atos IT Solutions und Services auf. Durch ein weltweites firmeninternes Wissensnetzwerk konnte so zum Beispiel bei Siemens die interne Kommunikation deutlich vorangetrieben werden.

Social Media als Recruiting-Instrument

Abgerundet wurde die Veranstaltung durch interessante Einblicke in das Personalmarketing der Allianz Deutschland und vom Arbeitgeberbewertungsportal Kununu. Dominik A. Hahn, Referent Personalmarketing Allianz Deutschland, sieht auch im Bereich Personalmarketing großes Potential: „Social Media, als Recruiting- bzw. Brandinginstrument richtig eingesetzt, kann die Unsicherheit bei der Arbeitgeberwahl minimieren und bei beruflichen Entscheidungen unter Umständen das Zünglein an der Waage sein“. So will die Allianz mit authentischem Auftreten, konkreten Ansprechpartnern und einem durchgehendem Branding mehr Vertrauen seitens der Bewerber schaffen. Allein die Mitarbeiter der Allianz würden hier schon für sich sprechen.

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Carolin Horn von der kununu GmbH, einem der größten Arbeitgeberbewertungsportale im deutschsprachigen Raum, wollte mit ihrem Vortrag die Angst vor den Risiken eines Social-Media- Auftritts bzw. vor Bewertungsportalen nehmen. „Natürlich besteht die Gefahr, dass sich Mitarbeiter nicht nur positiv auf Portalen wie kununu.com äußern. Die Generation der sogenannten „digital natives“ kann allerdings sehr gut differenzieren, wie sie mit negativen Aussagen aus dem Social Web umgeht. Demgegenüber steht jedoch der vielfache Nutzen für Unternehmen, wenn Mitarbeiter durch positive Erfahrungsberichte zum Imagebuilder werden und so die Werbetrommel für die Firma schlagen."

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