Elektrofahrzeuge: Versicherer noch nicht „elektrisiert“
Die zunehmende Knappheit fossiler Brennstoffe lassen so manchen Verbraucher nach Alternativen zur Fortbewegung schauen. Die Bundesregierung fördert daher die Elektromobilität umfangreich. Gestern gab sie die Entscheidung bekannt, welche vier deutschen Projekte, die auf diesem Gebiet innovativ arbeiten, künftig mit insgesamt 180 Millionen Euro gefördert werden. Doch wie nachhaltig und alltagstauglich sind Elektroautos überhaupt und wie ist die Versicherungsbranche auf die elektronischen Gefährten eingestellt?
Elektrofahrzeuge nur mit zusätzlichen Kapazitäten erneuerbarer Energien nachhaltig
Die Förderung des Bundes gibt es nicht grundlos: Entwicklung an und Nutzung von Elektrofahrzeugen gelten als zukunftsorientiert. Strom statt Sprit zu nutzen, das - so leuchtet zunächst ein - ist grundsätzlich nachhaltiger gedacht, als Kraftstoff in der Abhängigkeit von Erdöl zu generieren. Für die Elektrovehikel gilt zudem die Annahme, dass sie zum Klimaschutz beitragen. Die batteriebetriebenen Flitzer sind emissionsfrei und CO2-neutral. Letzteres allerdings nur dann, wenn erneuerbare Energien den Strom bereitstellen, der zum Aufladen des Elektroakkus benötigt wird.
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Im Jahr 2030 könnten Elektrofahrzeuge so rund 5,2 Millionen Tonnen CO2 – verglichen mit einem Szenario ohne Elektrofahrzeuge – vermeiden, heißt es in einer Mitteilung des Instituts zum Projekt „OPTUM – Optimierung der Umweltentlastungspotenziale von Elektrofahrzeugen“, gefördert vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit. Darin wird deutlich, dass die Klimabilanz von Elektrofahrzeugen nur dann ausgewogen wäre, wenn zusätzliche Kapazitäten erneuerbarer Energien in den Strommarkt gebracht werden. Durch die Elektromobilität entstünde im Jahr 2030 nämlich eine zusätzliche Stromnachfrage von etwa elf Terawattstunden – dies entspricht etwa zwei Prozent des heutigen Gesamtstromverbrauchs in Deutschland.
Konventionelle Pkw sollten unter dem Emissionsaspekt jedoch nicht vernachlässigt werden: „Werden benzinbetriebene Fahrzeuge bis zum Jahr 2030 deutlich effizienter, können diese allein die Treibhausgasemissionen des Pkw-Verkehrs um 25 Prozent reduzieren.“ so Florian Hacker, Wissenschaftler am Öko-Institut.
Entwicklungen in Infrastruktur und Alltagstauglichkeit schreiten voran
Es sind bereits eine Vielzahl von Modellen auf dem Markt, welche mit einer Kombination aus Verbrennungsmotor und Elektromotor arbeiten (Hybridantrieb) oder einen reinen Elektroantrieb nutzen. Dies sind Elektromotoren mit Lithium-Ionen-Technologie. Sie enthalten einen Akku, der an speziellen Ladesäulen wieder aufgeladen werden kann.
Gerade die Reichweite und Ladezeiten der Akkumulatoren werden im Zuge der Alltagstauglichkeit bisher kritisiert. Dabei gibt es in Deutschland schon sehr viele Ladesäulen: Allein RWE hat bereits 1100 Säulen aufgestellt, die meisten Ladestationen verfügen zudem über eine Schnellladefunktion, berichtet das Portal Elektronik Praxis.
Elektroautos können von 20.000 bis 200.000 Euro und mehr kosten. Die Batterie ist das kostenintensivste Bauteil. Experten rechnen damit, dass sich deren Preis bis zum Jahr 2015 jedoch reduzieren wird.
Immerhin würden sich circa zwei Drittel im Jahr 2020 für den Kauf eines rein batterieelektrisches Fahrzeug oder eines Plug-In-Hybrid entscheiden, stellte das Öko-Institut in einer Befragung unter 1.500 Neuwagenkäufern fest.
Elektrofahrzeuge mit erhöhtem Sicherheitsrisiko?
Neben den Fragen zu Nachhaltigkeit und Alltagstauglichkeit werden auch Sicherheit und die damit verbundene Absicherung der Fahrzeuge debattiert. So wird im Allianz Zentrum für Technik (AZT) beispielsweise das Crashtestverhalten der Fahrzeuge untersucht: „Für alle Antriebsarten gelten hier die gleichen Bedingungen, unabhängig, ob es sich um ein Diesel-, Gas-, oder Elektrofahrzeug handelt. Speziell für die Elektro- und Hybridfahrzeuge ist es entscheidend, dass teure Komponenten, wie z.B. die Traktionsbatterie, die Hochspannungskabel oder auch der Inverter, geschützt werden. Dafür muss die Fahrzeugkarosserie entsprechend ausgelegt sein“ erklärt Dr. Christoph Lauterwasser, Leiter des AZT in einem Interview auf der Allianz-Plattform für Elektromobilität.
Die Gothaer sieht etwa im gegenwärtigen Stand der Technik noch vermehrt Risiken, unter anderem durch eine erhöhte Brandgefahr durch Undichtigkeit der Batterie und Kurzschlüsse. Weiterhin seien die Fahrzeuge schwerer als die bisherigen Pkw: Die Schwere der Auffahrschäden könnten daher durch das erhöhte Fahrzeuggewicht zunehmen. Ein weiteres Manko sei auch die akustische Wahrnehmung. Während zwar die Lärmbelastung für die Umwelt geringer ausfällt, stellen die beinahe geräuschlosen Fahrzeuge für andere Verkehrsteilnehmer ein Risiko dar.
Kaum exklusive Versicherungen für Elektroautos
Eine Absicherung exklusiv für Risiken der Elektrofahrzeuge bietet bisher lediglich die Zurich: Mit dem Baustein „Elektro-Plus“ kann speziell der Akku des Fahrzeugs etwa auch vor Bedienfehlern abgesichert werden (versicherungsbote.de informierte: Spezieller Versicherungsschutz für Elektrofahrzeuge). Bei der Axa ist aber beispielsweise die Batterie des Elektrofahrzeugs automatisch in der Kaskoversicherung mitversichert.
Aufgrund der Risiken, aber auch wegen der momentan geringen Stückzahlen am Markt bzw. im eigenen Versichertenstand zögern die Versicherungsgesellschaften noch mit speziellen Angeboten für Elektroautos. Die Axa argumentiert etwa, ökologische Faktoren wie ein Elektromotor hätten keinen Einfluss auf das Risiko, dass ein Schadenfall eintrete. Bei Gothaer und HDI-Gerling können die Elektrofahrzeuge derzeit nur zu den normalen Kfz-Konditionen versichert werden. Rabatte von 5 bis 15 Prozent auf Wagen mit umweltfreundlichem Antrieb werden aber bereits von einigen Kfz-Versicherern, etwa der Wüstenrot & Württembergische AG oder der HUK-Coburg, angeboten. Die Allianz versichert derzeit einige 100 reine Elektrofahrzeuge - bis zum 31. August noch mit bis zu 10 Prozent Nachlass. Je nach Gesellschaft variiert, ob die Nachlässe in der Haftpflicht oder/und der Kaskoversicherung angeboten werden.
Die R+V Versicherung AG erläuterte gegenüber Versicherungsbote, dass die bisherigen Typklassen-Einstufungen auch bei den Elektrofahrzeugen bereits als preisliches Regulativ für die Kalkulation genügen. „Ob sich die Antriebsart (Elektro, Gas, Hybrid etc.) marktweit auf die Preisgestaltung auswirken wird, wird sich wohl erst mit zunehmender Verbreitung dieser Fahrzeuge zeigen; allerdings sind die Kfz-Versicherungstarife in Deutschland bereits sehr fein differenziert, so dass eine Korrelation zu anderen Tarifmerkmalen gegeben sein kann“ so die R+V.
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Die Einstufung in meist niedrige Typklassen und die jährliche Fahrleistung der Kunden gingen laut R+V ebenso in die Prämienfindung mit ein und würden für Wenigfahrer 20 bis 30 Prozent Beitragsnachlass ermöglichen. Untersuchungen des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) zu Folge sei damit der Ökorabatt zu 95 Prozent abgebildet. Die meisten Elektrofahrzeuge sind in Typklasse 15 bis 17 in der Haftpflicht, 17-21 in der Vollkaskoversicherung eingeordnet.