Lücken in der Zahnprophylaxe
Zwiespältig wirken die Ergebnisse des jetzt erschienenen "Barmer GEK Zahnreports" zur zahnmedizinischen Versorgung von kleinen Kindern: Zwei von drei Kindern zwischen zweieinhalb und sechs Jahren verpassen die individuellen Früherkennungsuntersuchungen. Das hat Folgen, denn knapp fünf Prozent aller Zahnfüllungen entfallen auf Milchzähne.
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Angesichts dieser neuen Zahlen warnt der stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Barmer GEK, Dr. Rolf-Ulrich Schlenker: "Wir müssen aufpassen, dass gerade die Kleinsten nicht vom zahnmedizinischen Fortschritt abgehängt werden. Insbesondere die Gruppenprophylaxe in den Kindergärten muss systematisch ausgebaut werden. Damit erreichen wir auch besser die Kinder, die nicht zu den Früherkennungsuntersuchungen beim Zahnarzt kommen."
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Nur 31 Prozent der unter 6-Jährigen nehmen an der Zahnprophylaxe beim Zahnarzt teil. Studienautor Professor Dr. Thomas Schäfer vom Hannoveraner Institut für Sozialmedizin, Epidemiologie und Gesundheitssystemforschung (ISEG) hält diese Zahl für eindeutig zu niedrig: "Schäden am Milchgebiss können später Schäden der bleibenden Zähne zur Folge haben. Wir müssen die Akzeptanz der kleinkindlichen Früherkennungsuntersuchung stärken, insbesondere in sozial schwachen Familien." Zum Vergleich: Die Teilnahmerate bei den Kindervorsorgeuntersuchungen U5 bis U7 liegt bei rund 95 Prozent, bei der U8 und U9 sind es etwa 90 Prozent.
Besser sieht es mit der zahnärztlichen Individualprophylaxe bei 6- bis 18-Jährigen aus, von denen sich mit rund 68 Prozent mehr als doppelt so viele beteiligen. Nicht nur die Kontaktrate zeigt hier nach oben – auch die Ausgaben. Diese sind in den Jahren 2000 bis 2010 um 50 Prozent je leistungsberechtigtem Versicherten gestiegen. Schlenker: "Aber warum bleiben bei der Prophylaxe 30 Prozent auf der Strecke? Auch hier müssen wir zusehen, dass die Beitragsgelder noch bedarfsgerechter eingesetzt werden und wir nicht die Zweidrittelversorgung riskieren."
Lücken in der Zahnprophylaxe
Über alle Altersgruppen hinweg betrachtet hat sich die jährliche Vorsorge beim Zahnarzt etabliert: So lässt sich rund die Hälfte der Bevölkerung mindestens einmal im Jahr den Zahnstein entfernen.
Erhebliche regionale Unterschiede
Weitere Analysen der Studie bestätigen eindrücklich die Zahlen aus der Veröffentlichung des Vorjahrs, in dem der Barmer GEK Zahnreport erstmals vorgestellt wurde. Wieder zeigen sich die Geschlechterdifferenzen: Während 2010 rund 74 Prozent der Frauen einen Zahnarzt aufsuchten, waren es bei den Männern gerade mal 66 Prozent. Und erneut gibt es Belege für erhebliche Ost-West-Unterschiede in der zahnmedizinischen Versorgung. Hatten im Jahr 2010 rund 77 Prozent der Ostdeutschen mindestens einen Zahnarztkontakt, so lag die Behandlungsrate im Westen rund acht Prozentpunkte darunter.
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Auch bei der durchschnittlichen Zahl der Zahnarztbesuche pro Versichertem und Jahr lagen die neuen Länder mit 2,5 Kontakten vor den alten mit 2,1. Bundesweit lag die Behandlungsrate wieder bei rund 70 Prozent und die Zahl der durchschnittlichen Zahnarztkontakte bei rund 2,2. "Hauptursache für die höhere Inanspruchnahme im Osten sind Langzeitwirkungen der frühkindlichen Sozialisation in den Kindertagesstätten und den Horten der ehemaligen DDR", so Schäfer.
Landbevölkerung geht häufiger zum Zahnarzt
Und noch ein Faktor zeigt Wirkung: Der Vergleich der nachgefragten zahnärztlichen Leistungen zwischen Stadt und Land geht überraschenderweise zugunsten der Landbevölkerung aus. Obwohl die Zahnarztdichte auf dem Land um zirka 24 Prozent geringer ist als in der Stadt, fällt die Inanspruchnahme hier um rund drei Prozentpunkte höher aus.
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Weitere Ergebnisse:
- Internationaler Vergleich: Mit 77 Zahnärzten je 100.000 Einwohner lag Deutschland im OECD-Vergleich für das Jahr 2007 unter zwanzig Ländern auf Platz 4 – knapp hinter Belgien (81), Finnland (79) und Dänemark (78), weit vor Großbritannien (42), Korea (39), Polen (35) oder Mexiko (10). OECD-Durchschnitt: 56. Auch bei den Zahnarztkontakten rangierte Deutschland mit 2,1 Kontakten pro Person und Jahr auf Platz 4 (Bezugsjahr hier 2009). Davor liegen Dänemark (3,6), Japan (3,2) und Belgien (2,1), weit dahinter Großbritannien (0,7) und Mexiko (0,1). OECD-Durchschnitt: 1,5. Bei Patientenkontakten je Zahnarzt liegt Deutschland allerdings nur auf Platz 8.
- Regionale Variationen 1: Die Behandlungsraten in den Bundesländern schwanken zwischen 63,7 Prozent im Saarland und 78,9 Prozent in Sachsen. Entsprechend lag die Durchschnittszahl der Zahnarztkontakte pro Versichertem und Jahr im Saarland bei 1,85, in Sachsen aber bei 2,54. Bundesdurchschnitt: 70,3 Prozent bzw. 2,2 Kontakte. Bei den Kosten je Versichertem liegt Bayern mit 126 Euro 20 Prozent über dem Bundesdurchschnitt, Schlusslicht ist auch hier das Saarland mit 93 Euro und 13 Prozent unter dem Bundesdurchschnitt.
- Regionale Variationen 2: Auch bei der Inanspruchnahme des jährlichen Check-ups zeigt sich das vertraute Bild: Bayern, Baden-Württemberg und der Osten mit teilweise deutlich höheren Behandlungsraten als der Rest der Bundesländer. Spitzenreiter ist hier Thüringen mit 54,8 Prozent (9,5 über dem Bundesdurchschnitt, der bei 45,6 Prozent liegt), Schlusslicht Bremen mit 39,4 Prozent (6,5 unter dem Bundesdurchschnitt).
- Regionale Variationen 3: Früherkennungsuntersuchung bei Kleinkindern (30. bis 72. Lebensmonat): Bayern vorn mit 37,4 Prozent (+5,9 gegenüber dem Bundesdurchschnitt von 31,5 Prozent) und Nordrhein-Westfalen und Saarland hinten mit 27,5 bzw. 23,9 Prozent (-4,0 bzw. -7,6 gegenüber dem Bundesdurchschnitt ). Individualprophylaxe von 6 bis 18 Jahre: Thüringen vorne mit 78,5 Prozent (+10,7 Prozent gegenüber dem Bundesdurchschnitt mit 67,8 Prozent) und Saarland hinten mit 60,9 Prozent (-7,0 gegenüber Bund).
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