Obwohl sich die Weltwirtschaft langsam von der Krise zu erholen scheint, bleibt die Lage auf den Arbeitsmärkten angespannt. Das zeigt ein neuer Bericht der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) über die Welt der Arbeit, der am Dienstag veröffentlicht wurde. Die Arbeitslosigkeit nimmt seit Ende 2011 sogar wieder zu. 2012 dürften ILO-Schätzungen zufolge 202 Millionen Menschen weltweit arbeitslos sein. Die Beschäftigung in den Industrieländern werde frühestens Ende 2016 wieder ein Niveau wie vor der Krise erreichen, so die Prognose der ILO, einer Sonderorganisation der UN.

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Weltweit mehr Ungleichheit und mehr Gefahr durch soziale Unruhen

Laut dem ILO-Bericht "World of Work Report 2012 – Better jobs for a better economy" (zum kostenlosen Download in englischer Sprache) ließ die Krise zudem in der Hälfte aller Industrieländer und in einem Drittel der Entwicklungs- und Schwellenländer Armut und Ungleichheit steigen. Ein von der ILO entwickelter Index, der das Risiko sozialer Unruhen misst, stieg in 57 von 106 untersuchten Ländern. Die höchsten Risiken bestehen demnach in Afrika und im Nahen Osten. Wo hingegen die Beschäftigung und zum Teil auch die Qualität der Arbeitsplätze zunahm, ging das Risiko zurück, so etwa in mehreren lateinamerikanischen und asiatischen Ländern.

In den meisten Ländern haben Jugendliche besondere Schwierigkeiten, Arbeit zu finden. Außerdem ist die Langzeitarbeitslosigkeit fast überall stark angestiegen. Und wo Arbeitsplätze neu geschaffen wurden, sind diese oft nur befristet oder unfreiwillig auf Teilzeitbasis. Der Bericht stellt aber auch fest, dass diese Entwicklungen nicht zwingend sind. Einige Länder, darunter Deutschland und Österreich, aber auch zum Beispiel Polen, Brasilien und Indonesien, konnten die Beschäftigungsquote steigern.

"Die einseitige Betonung von Sparmaßnahmen zumal in den Euroländern vertieft die Beschäftigungskrise und könnte Europa erneut in die Rezession bringen", kritisiert der Autor des Berichts Raymond Torres, Direktor des ILO Forschungsinstituts. "Länder, die sich für eine beschäftigungsorientierte Wirtschaftspolitik entschieden haben, haben sowohl wirtschaftlich als auch sozial bessere Ergebnisse erzielt. Wir müssen uns diese Länder genau ansehen und Lehren daraus ziehen."

Kritik auch an Deutschland

In einem eigenen Kurzbericht zu Deutschland hält die ILO fest, dass dank starker Exporte vor allem außerhalb der Eurozone sowohl das Wirtschafts- als auch das Beschäftigungswachstum stark blieben. Dennoch sieht die Organisation auch einige Probleme – zum Beispiel den hohen Anteil von Beziehern von Niedriglöhnen und von atypischer Beschäftigung wie Mini-Jobs oder Leiharbeit. Zudem lägen die Investitionen gemessen am Bruttoinlandsprodukt immer noch unter ihrem Vor-Krisen-Niveau. Aufgrund der Eurokrise und des geringeren Wachstums in Ländern außerhalb der Eurozone sei ein Wachstumsrückgang zu erwarten. Die ungewissen Aussichten könnten Investitionen weiter verzögern und dadurch das Beschäftigungswachstum bremsen.

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Zu den wichtigsten Herausforderungen in Deutschland zählen der ILO zufolge eine Verbesserung der Rahmenbedingungen für atypische Beschäftigungsverhältnissen sowie die Anpassung der Reallöhne an die Produktivitätsentwicklung. Bereits erzielte Abschlüsse in den diesjährigen Tarifverhandlungen deuten auf weitere Reallohnzuwächse für 2012 und 2013 hin. Dies ist nach Einschätzung der ILO ein großer Schritt in die richtige Richtung.