Wenn es den Krankenkassen gut geht, dann sollen auch die Kunden davon profitieren. Und schon bald könnte es tatsächlich passieren, dass ein kleiner Betrag in die Brieftaschen der Kassenpatienten zurückfließt. Nach Informationen der Frankfurter Allgemeinen Zeitung hat das Bundesversicherungsamt (BVA) nun mehrere Kassen aufgefordert, Prämienrückzahlungen an ihre Mitglieder zu prüfen. Erwartet wird eine Ausschüttung von mindestens 60 Euro im Jahr.

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BVA-Präsident Maximilian Gaßner begründet seine Forderung in Briefen an die Techniker Krankenkasse (TK), die Hanseatische Krankenkasse (HEK) und die IKK Gesund plus mit dem "in den letzten Jahren zu einem in dieser Höhe nicht erwarteten Aufbau des Finanzvermögens". Bei allen drei Kassen sei die im Sozialgesetz festgesetzte Höhe der Rücklagen von 1,5 Monatsausgaben deutlich überschritten worden, argumentiere Gassner, eine Prämienrückzahlung somit angebracht. Bis Anfang Juni haben die Kassen nun Gelegenheit, sich gegenüber dem Bundesversicherungsamt zu erklären.

Debatte um Prämien-Ausschüttungen dürfte neue Nahrung erhalten

Mit dem Vorstoß des Bundesversicherungsamtes dürfte eine neue Debatte um Prämienausschüttungen kaum noch aufzuhalten sein. Der gesundheitspolitische Sprecher der CDU, Jens Spahn, sagte der FAZ: „Es ist richtig, dass das BVA die Kassen stärker unter Druck setzt, Überschüsse endlich als Prämien an die Versicherten zurückzugeben. Krankenkassen sind keine Sparkassen.“ Das Gesundheitsministerium wies zudem darauf hin, dass mehrere Ortskrankenkassen wie etwa die AOK Plus ebenfalls die Kriterien für Prämienrückzahlungen erfüllen würden – Ortskrankenkassen unterliegen jedoch der Landesaufsicht. Derzeit verfügen circa 30 gesetzliche Krankenkassen über so große Reserven, dass sie Prämien zwischen 30 und 60 Euro stemmen könnten.

Kritik an Prämienausschüttungen ist zu erwarten

Dem entgegen hatten Kritiker einer Prämienausschüttung gefordert, die Kassen mögen ihre Überschüsse lieber für wirtschaftlich schlechte Zeiten zurückzulegen. Bereits im Februar hatte der Vorsitzende des AOK-Bundesverbands, Jürgen Graalmann, vor einem „Prämienjojo“ gewarnt: Ausschüttungen würden die nachhaltige Stabilität der Anbieter aufs Spiel setzen, denn in Krisenzeiten stünde das ausgeschüttete Geld nicht mehr zur Verfügung. Schmerzhaft in Erinnerung sind hierbei noch die beiden Kassenpleiten der BKK für Heilberufe und der City BKK im Jahr 2011.

Die Angst ist nicht unbegründet: Derzeit sprudeln die Beitragseinnahmen der Sozialkassen wegen der guten Konjunktur. Der Arbeitsmarkt ist stabil, die Arbeitslosigkeit verhältnismäßig niedrig. Damit könnte aber Schluss sein, wenn die Sparmaßnahmen in den südlichen Ländern des Euro-Raums auch die Nachfrage nach deutschen Exportgütern dämpfen.

Denn nach wie vor sind die Länder der EU der wichtigste Handelspartner Deutschlands – Rund 40 Prozent aller deutschen Exporte gehen nach Informationen des Statistischen Bundesamtes in den Euroraum, was im Jahr 2011 einem Warenwert von 420,9 Milliarden Euro entsprach. Eine Verschärfung der Krise in Spanien, Portugal oder Frankreich könnte dazu führen, dass die Wirtschaft auch in Deutschland stagniert – und dann die Rücklagen der Krankenkassen schnell wieder aufgebraucht sind.

Kostenexplosion bis 2014?

Zudem könnten schon bald steigende Kosten im Gesundheitswesen die GKV belasten - zumindest, wenn man einer Prognose der Unternehmensberatung McKinsey vom Februar diesen Jahres Glauben schenkt. McKinsey prophezeit bereits für das Jahr 2014 ein Defizit von neun Milliarden Euro für die Kassenanbieter und Gesundheitsfonds: Ein Budget-Loch, dass dann die Versicherten mit hohen Zusatzbeiträgen ausgleichen müssten.

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Der Grund für die pessimistischen Annahmen: Die Unternehmensberatung hat errechnet, dass die Ausgaben der Krankenkassen schneller wachsen könnten als die Einnahmen. So würden die Kosten für Arzthonorare, Krankenhausaufenthalte und Medikamente jährlich um 3,9 Prozent steigen, die Beitragseinnahmen jedoch nur um 1,4 Prozent. Unter anderem habe das neue Ärztegesetz von Daniel Bahr zu „außergewöhnlichen Ausgabensteigerungen“ geführt. Grundlage der Berechnungen von McKinsey sind jedoch ebenfalls eher negative Konjunkturprognosen.