Erbschaften von mindestens 100.000 Euro steigen um 50 Prozent
Häuser, Grundstücke oder Wohnungen werden zukünftig in zwei von drei Nachlässen enthalten sein - zu diesem Ergebnis kommt eine "Postbank"-Studie, die heute in Berlin vorgestellt wurde.
57 Prozent der Deutschen haben sich schon damit beschäftigt, etwas zu vererben. Und in zwei von drei Fällen sollen Immobilien im Nachlass enthalten sein. Künftig hat schon mehr als jede fünfte Erbschaft einen Wert von 100.000 Euro und mehr.
Dies sind Kernergebnisse einer bundesweit repräsentativen Studie der Postbank, die heute in Berlin vorgestellt wurde.
Anzeige
„Das Erbvolumen wird drastisch und auf ein historisches Niveau steigen“, erklärt Dr. Michael Meyer, Retailvorstand der Postbank. So hatte die Postbank im vergangenen Jahr ermittelt, was in Deutschland bislang an Erbschaften vergeben wurde. Durch die neue Studie ist jetzt der Vergleich mit dem möglich, was die Deutschen künftig als Nachlass planen. „Um gut 50 Prozent steigen die Erbschaften, die einen Wert von 100.000 Euro und mehr haben“, resümiert Meyer aus diesem Vergleich. „Umgekehrt stehen Nachlässe im Wert unter 25.000 Euro, die bislang die Hälfte aller Erbfälle ausmachten, nur noch fast ein Viertel so häufig an.“
Immobilienvermögen ist die treibende Kraft
Wesentlicher Treiber für das drastisch steigende Erbvolumen sind Immobilien. Laut Postbank-Studie werden Häuser, Grundstücke oder Wohnungen zukünftig in zwei von drei Nachlässen enthalten sein. „Die Wahrscheinlichkeit, ein Eigenheim zu erben, wird sich in Deutschland glatt verdoppeln“, erläutert Meyer. Zahlen aus amtlichen Statistiken stützen dies. So wird sich das Netto-Immobilienvermögen der ab 65-jährigen Deutschen in den kommenden 18 Jahren verdoppeln.
Verheiratete, Beamte, Selbstständige und Bewohner von Kleinstädten sind besonders vererbungsfreudig
Unter denen in Deutschland, die sich mit dem Vererben beschäftigen, sind überdurchschnittlich oft Verheiratete, Beamte, Selbstständige sowie Bewohner von Orten unter 20.000 Einwohnern. Erklärbar ist das durch den hohen Anteil von Immobilienbesitzern in diesen Bevölkerungsgruppen. So zeigen die Ergebnisse der Postbank Studie, dass acht von zehn aller Immobilienbesitzer in Deutschland Vererbungspläne haben. Das Flächenland Bayern hat dabei von allen Bundesländern den höchsten Anteil von Menschen mit Vererbungs-Plänen.
Neben Kindern sollen Ehegatten am häufigsten begünstigt werden
Exakt drei Viertel aller Erbschaften werden für die Kinder der Erbschafts-Geber geplant. An zweiter Stelle stehen Ehegatten mit 37 Prozent als Nachlass-Empfänger, gefolgt von Enkelkindern, Geschwistern und Lebenspartnern. Häufigstes Motiv für die Vergabe einer Erbschaft ist dabei, „Angehörige zu versorgen“. Erst an zweiter Stelle steht die Absicht, hiermit bestimmten Menschen „eine Freude machen zu wollen“.
Berliner Testament ist weit verbreitet
Genau 18 Prozent der Deutschen ab 16 Jahre haben laut Postbank-Studie ein Testament. Unter denen, die sich mit dem Vererben schon beschäftigt haben, sind es 31 Prozent. Bemerkenswert ist hierbei: Jedes zweite Testament in Deutschland ist ein so genanntes Berliner Testament. In diesem Fall wird der jeweils überlebende Ehegatte zum Alleinerben eingesetzt. Jeder Fünfte überprüft sein Testament regelmäßig und immerhin jeder Achte (13 Prozent) hat sein Testament auch schon mindestens ein Mal geändert.
Streitpotenzial unter Erben wird unterschätzt
Bei bisherigen Erbschaften in Deutschland kam es unter den Erben in 17 Prozent der Fälle zum Streit. Die neue Postbank-Studie zeigt, dass die Deutschen mit Vererbungsplänen davon ausgehen, dass es unter den Erben nur etwa halb so oft zum Streit kommt. Dies sehen die potenziellen Erben anders: 26 Prozent der anstehenden Erben rechnen mit einem Erbenstreit. Meyer: „Die Empfänger künftiger Erbschaften gehen zweieinhalb mal häufiger von einem Erbschaftsstreit aus als dies die Erbschaft-Geber tun. Hier besteht offensichtlich großer Gesprächsbedarf.“ Hier sprechen die Zahlen der Studie jedoch eine andere Sprache: Denn mehr als die Hälfte aller Menschen mit Vererbungsplänen hat noch nie mit den vorgesehenen Erben darüber gesprochen.
Die Postbank-Studie zeigt auch Unterschiede, die sich ergeben, wenn Personen mit Vererbungs-Plänen selbst bereits einmal Erbe waren. So schätzten diese Menschen ihren Nachlass fast doppelt so häufig auf einen Wert von 100.000 Euro und mehr wie die Menschen, die noch nie geerbt haben. Zudem besitzen drei Viertel von ihnen Immobilien. Unter allen Deutschen ist das nur zu 46 Prozent der Fall. „Unsere Studie zeigt, dass sich Vermögen durch Erbschaften sehr wohl ballt“, so Meyer. Durch die große Anzahl der Deutschen, die etwas vererben wollen, werden diese Fälle insgesamt aber nicht das Gros der künftigen Erbschaften ausmachen. Meyers Gesamtfazit: „Wir sehen in Deutschland einen starken Gegensatz. Die Erbvolumen werden insbesondere durch Immobilien immer größer. Doch längst nicht in gleichem Maße ist das Wissen zum Thema da. Hier ist angesichts der gewaltigen Nachlass-Welle deshalb eine Informationskampagne nötig.“
Anzeige
Grundlage der Postbank Studie war die Befragung von 1613 Bundesbürgern ab 16 Jahren durch das Institut für Demoskopie Allensbach im März 2012.