Wahltarife in der gesetzlichen Krankenversicherung
Seit einigen Jahren können die Gesetzlichen Krankenkassen ihren Versicherten sogenannte „Wahltarife“ anbieten. Dabei handelt es sich i.d.R. um Spar- oder Selbstbehaltsmodelle. Ziel dieser in der Praxis eher selten genutzten Tarife ist es, ein kostenbewußtes Verhalten der Versicherten zu fördern oder die versicherten Leistungen zu verbessern. Teil 6 unserer Serie zu den Vertriebschancen der gesetzlichen Krankenversicherung.
Der Versicherte kann mit diesen Angeboten Geld sparen, wenn er selten oder gar nicht medizinische Leistungen in Anspruch nimmt. Allerdings kann es für ihn auch teuer werden, wenn er sich etwa bei einem Selbstbehaltstarif dafür entscheidet, einen Teil der im Krankheitsfall anfallenden Kosten selbst zu tragen. Wesentlich attraktiver sind da Tarife bei "Beitragsrückerstattung bei Leistungsfreiheit", wie man sie auch ähnlich aus der Privaten Krankenversicherung kennt. Hier haben die Kunden kein Risiko, können aber durchaus mehrere hundert Euro pro Jahr in bar zurückerhalten.
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Einige Wahltarife bieten auch bessere oder Mehrleistungen an, kosten dann aber auch zusätzlichen Beitrag. Der Versicherte muss einen solchen Wahltarif aktiv „wählen“, d.h. sich dafür einschreiben. Einige Wahltarife sind auch mit einer Mindestbindungsfrist an die gewählte Krankenkasse verbunden, die in der Regel ein Jahr, bei einigen Tarifen aber auch drei Jahre beträgt. Zudem darf der Versicherte bei manchen Tarifen ohne Überweisung auch nur bestimmte Ärzte aufsuchen (z.B. im Hausarzttarif oder bei der besonderen ambulanten Versorgung).
Folgende Wahltarifarten gibt es:
- Wahltarif für hausarztzentrierte Versorgung („Hausarztmodell“): Der Versicherte verpflichtet sich, immer zuerst den Hausarzt aufzusuchen, der dann zu einem Spezialisten/Facharzt überweist. Viele Kassen erlassen hierfür die Praxisgebühr.
- Integrierte Versorgung: Programme zur integrierten Versorgung bestimmter Erkrankungen, bei der unterschiedliche Ärzte und Einrichtungen in vorher definiertem Umfang eng zusammenarbeiten. Leistungserbringer wie Ärzte, Krankenhäuser, Apotheker oder Reha-Einrichtungen kooperieren und sorgen für den notwendigen Wissensaustausch. So sollen teure Mehrfachbehandlungen vermieden werden.
- Besondere ambulante ärztliche Behandlung: Ähnlich der Integrierten Versorgung, allerdings nur im ambulanten Bereich (ohne Krankenhäuser)
- DMP-Programme: „Disease-Management-Programme“, also Programme zur speziellen Behandlung bestimmter schwerer Erkrankungen. DMP-Programme zielen darauf, speziell die Versorgung chronisch kranker Patienten besser zu koordinieren, indem Haus- und Fachärzte zusätzliche Informationsangebote für die Patienten bereithalten. Dabei wird der Patient über seine Krankheit, deren Symptome, Behandlungsmöglichkeiten, Medikamente und Spezialärzte umfassend aufgeklärt. Bei Zivilisationskrankheiten wie Diabetes oder Bluthochdruck erhoffen sich die Krankenkassen durch die zusätzliche Informationsarbeit eine Verbesserung der Versorgung – Und langfristig Einsparungen.
- Modellvorhaben: Eingeführte Modellprogramme mit speziellen Leistungen. Modellvorhaben dienen der Weiterentwicklung des Krankenkassen-Angebotes. Es handelt sich in der Regel um Tests, ob neue Leistungen in den Katalog der Krankenkassen aufgenommen werden können, etwa zur Verbesserung der Früherkennung. Dafür werden spezielle Vereinbarungen mit Leistungserbringern wie Ärzten, Physiotherapeuten oder Apothekern getroffen. Modellverfahren müssen wissenschaftlich begleitet und die Ergebnisse mit Hinblick auf das gewünschte Ergebnis veröffentlicht werden.
Die genannten Wahltarife müssen von allen Kassen angeboten werden. Für die teilnehmenden Versicherten gibt es hier keine Bindungsfrist.
Darüber hinaus gibt es Wahltarife, die von den Kassen angeboten werden können. Diese sind es, die für Versicherte finanziell attraktiv sein können.
- Selbstbehaltstarife: Nimmt der Versicherte keine Leistung in Anspruch, erhält er eine Prämie. Wird er allerdings krank, verpflichtet er sich, einen Anteil der Kosten aus eigener Tasche zu zahlen und zwar erforderlichenfalls über die maximal mögliche Prämie hinaus. Bei einigen Kassen ist es auch möglich, bestimmte Bereiche „abzuwählen“, d.h. der Versicherte muss ggf. nur bei bestimmten Leistungen selbst einen Kostenanteil tragen.
- Beitragsrückerstattung: Hier erhält der Versicherte maximal einen Monatsbeitrag seines Krankenkassenbeitrags zurückerstattet, wenn er und seine mitversicherten Familienangehörigen ein Jahr lang keine Leistungen in Anspruch genommen haben (ausgenommen sind Vorsorgeuntersuchungen, die natürlich wahrgenommen werden dürfen). Allerdings muss man in dem entsprechenden Jahr länger als drei Monate bei der Kasse versichert sein.
- Variable Kostenerstattung: Der Versicherte zahlt die Behandlung zunächst selbst und legt die Rechnung dann der Kasse vor. Diese erstattet dann auf Basis der maßgeblichen privaten Gebührenordnung. Für die üblicherweise höhere Erstattung muss der Versicherte allerdings einen zusätzlichen Beitrag an die Kasse zahlen.
- Spezielle Arzneimittel: Wahltarif gegen Zusatzbeitrag. Die Kasse bezahlt bestimmte, sonst nicht übernommene Arzneimittel.
- Krankengeld für Selbständige: Über die Leistungen des gesetzlichen Krankengeldes hinaus können sich Versicherte durch einen solchen Wahltarif (gegen Extra-Beitrag) ein höheres Krankengeld bzw. eine längere Bezugsdauer sichern.
Bei Selbstbehaltstarifen und Krankengeldwahltarifen beträgt zudem die Mindestbindungsfrist an die Kasse drei Jahre, bei der Beitragsrückerstattung, der variablen Kostenerstattung und den speziellen Arzneimitteln nur ein Jahr. Im Gegensatz zu den anderen Tarifen bietet der Krankengeldwahltarif im Falle der Einführung bzw. Erhöhung eines Zusatzbeitrags auch kein Sonderkündigungsrecht.
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Eine große Hilfe bieten den Versicherten hier Vergleichsportale wie z.B. www.gesetzlicheKrankenkassen.de bzw. www.kassensuche.de. Hier finden die Versicherten kostenfrei eine Gegenüberstellung der Leistungen der Krankenkassen und viele weitere Informationen zum Krankenversicherungssystem, zu gesetzlichen Leistungen, Zusatzversicherungen sowie Hinweise zum Kassenwechsel mit Musterschreiben. Im nächsten Teil unserer Serie geht es dann um Bonus- und Vorteilsprogramme.
Juni 2012, Thomas Adolph & Matthias Eislöffel