Die Autoren sind Dipl.-Volkswirt Christian Pfarr, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Finanzwissenschaft der Universität Bayreuth, und sein früherer Bayreuther Kollege PD Dr. Udo Schneider, der seit kurzem am Wissenschaftlichen Institut der Techniker Krankenkasse für Nutzen und Effizienz im Gesundheitswesen (WINEG) tätig ist. In ihrer vergleichenden Studie untersuchen sie erstmals die unterschiedlichen Motive und Einflussfaktoren, die kurz- oder langfristig daran beteiligt sind, wenn Menschen in Deutschland sich für eine Riester-Rente oder für eine private, nicht staatlich geförderte Rentenversicherung entscheiden.

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Die Datenbasis: Die SAVE-Studie 2005 – 2009

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Die Untersuchung stützt sich auf die Daten der SAVE-Studie aus den Jahren 2005 bis 2009. SAVE – die Abkürzung steht für „Sparen und Altersvorsorge in Deutschland“ – ist eine repräsentative Erhebung, die bis 2010 von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert wurde. Sie wird seit 2001 jährlich vom Munich Center for the Economics of Aging (MEA) durchgeführt, das seit 2011 Teil des Max-Planck-Institut für Sozialrecht und Sozialpolitik in München ist. Dabei werden zahlreiche Daten über Einkommen, Ersparnisse und Vermögen in Deutschland erfasst. Die Studie von Christian Pfarr und Udo Schneider setzt im Jahre 2005 ein, weil die in jenem Jahr von der Bundesregierung beschlossene Überarbeitung der Riester-Rente eine sozialpolitische Zäsur darstellt: Das Rentenniveau wurde abgesenkt und die Regelaltersgrenze stufenweise angehoben. Die SAVE-Daten des Jahres 2009 sind wiederum die jüngsten vollständigen Daten, die den Autoren bei ihren Forschungsarbeiten zur Verfügung standen.

Staatliche Förderung als Anreiz für die Riester-Rente

Vor der großen Rentenreform des Jahres 2001 belief sich die Durchschnittsrente in Deutschland auf etwa 70 Prozent des durchschnittlichen Nettoeinkommens, im Jahr 2011 lag sie nur noch bei rund 65 Prozent. Bis 2050 wird sie voraussichtlich auf etwa 57 Prozent absinken. Mit der Einführung einer staatlich geförderten privaten Altersvorsorge – die in der Öffentlichkeit nach dem damaligen Bundesminister Walter Riester benannt wurde – wollte die Bundesregierung breite Bevölkerungskreise dazu veranlassen, einer drohenden Altersarmut entgegenzuwirken. Wie die neue Studie zeigt, entscheiden sich viele Menschen tatsächlich vor allem deshalb für den Abschluss einer Riester-Rente, weil sie sich die staatlichen Zulagen und Steuervergünstigungen nicht entgehen lassen wollen. Dieses Motiv ist häufig stärker ausgeprägt als die Sorge um das eigene Alter.

Zwischen prekärer Altersvorsorge und privater Rentenversicherung

Welchen Einfluss hat die finanzielle Lebenssituation darauf, ob ein Riester-Vertrag abgeschlossen wird? Auch dieser Frage widmet sich die Bayreuther Untersuchung. Das verfügbare Einkommen einer Person wird dabei als ein Nettoeinkommen definiert, das sich insbesondere aus der Größe und der Einkommenssituation des Haushalts errechnet, in dem die Person lebt. Auf dieser Grundlage unterscheidet die Studie zwischen fünf verschiedenen Einkommensgruppen.

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Das Ergebnis: Rund 12 Prozent aller Personen, die zum Abschluss einer staatlich geförderten Riester-Rente berechtigt sind, müssen mit weniger als 606 Euro monatlich auskommen und gehören damit der untersten Einkommensgruppe an. Sie entscheiden sich sehr selten für eine Riester-Rente. Ihre Altersvorsorge bleibt in vielen Fällen auch in Zukunft prekär, zumal sie kaum eine andere private Vorsorge betreiben. Die oberste Einkommensgruppe umfasst hingegen die rund 8 Prozent der Förderberechtigten, die monatlich über mehr als 2.475 Euro verfügen. Sie schließen überdurchschnittlich viele private Vorsorgeverträge ohne staatliche Förderung ab; gleichzeitig stehen sie aber auch Riester-Verträgen aufgeschlossen gegenüber. Insgesamt gesehen, sind es vor allem mittlere Einkommensgruppen, die eine private Altersvorsorge mit den Vorteilen einer staatlichen Förderung verbinden wollen und sich vorrangig für eine Riester-Rente entscheiden.

Hohe Attraktivität für Kinderreiche

Zugleich geht aus der Analyse der SAVE-Daten hervor, dass die Riester-Rente speziell für Personen mit mehreren Kindern ein überaus attraktives Modell der privaten Altersvorsorge darstellt. Bei Personen, die mehr als vier Kinder haben, ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie sich für den Abschluss einer Riester-Rente entscheiden, nahezu doppelt so hoch wie bei Personen mit drei oder vier Kindern. Und bei diesen wiederum ist die Wahrscheinlichkeit doppelt so hoch wie bei Personen mit ein oder zwei Kindern.
Die Autoren der Studie führen diesen Befund auf die Staffelung der staatlichen Förderung zurück: Mit jedem Kind steigt der staatliche Förderanteil an den jährlichen Beiträgen, während der Eigenanteil dementsprechend sinkt. Dies gilt allerdings nur solange, bis der Eigenanteil auf das gesetzliche Minimum von 60 Euro pro Jahr abgesunken ist.

Riester-Rente als zusätzliche Form der Daseinsvorsorge

Steht die Riester-Rente in einem Zusammenhang mit anderen Formen der Daseinsvorsorge, zum Beispiel mit Bausparverträgen, geldwerten Lebensversicherungen oder Aktien? Die Bayreuther Ökonomen kommen zu einem überraschenden Ergebnis: Derartige Geldanlagen gehen in vielen Fällen mit der Bereitschaft einher, eine Riester-Rente abzuschließen. Besonders ausgeprägt ist die Neigung, zusätzlich eine Riester-Rente anzusparen, bei Personen, die einen Bausparvertrag haben. „Anscheinend spielt bei zahlreichen Entscheidungen für eine Riester-Rente ein gewisser ‚Mitnahme-Effekt’ eine Rolle“, meint Christian Pfarr. „Wer unterschiedliche Formen der Daseinsvorsorge einschließlich der staatlichen Fördermöglichkeiten kennt und nutzt, ist desto eher willens, auch die Vorteile der Riester-Rente in Anspruch zu nehmen.“

Signifikanter Einfluss von Finanzberatern

Und noch ein weiteres Ergebnis fällt auf: Empfehlungen von Finanzberatern wirken sich häufig dahingehend aus, dass ihre Kunden sich für eine Riester-Rente entscheiden. Bei Personen, die den Empfehlungen eines Finanzberaters folgen, ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie einen Riester-Vertrag abschließen, erheblich höher als bei Personen, die auf eine professionelle Finanzberatung verzichten. „Die Ursachen für diesen signifikanten Einfluss der Finanzberater liegen vornehmlich in der hohen Komplexität der Riester-Produkte und in den damit einhergehenden geringen Vergleichsmöglichkeiten“, meint Christian Pfarr. „Finanzberater erhalten in der Regel ungewöhnlich hohe Provisionen, wenn sie ihren Kunden eine Riester-Rente vermitteln. Es ist daher nicht auszuschließen, dass dieser finanzielle Anreiz einen starken Einfluss auf das Beratungsverhalten und indirekt auf die Entscheidungen der Kunden hat.“

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Vor diesem Hintergrund plädiert der Bayreuther Ökonom dafür, Produkte im Bereich der privaten Altersvorsorge erheblich zu vereinfachen und für die Kunden verständlicher zu gestalten. Zugleich fordert er, dass sich die Menschen in Deutschland viel umfassender als bisher über verschiedene Wege der Altersvorsorge informieren sollten. Der Staat solle durch geeignete Anreize dazu beitragen, dass öffentliche Informationsangebote entstehen, die nicht einseitig interessengeleitet sind.

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