Der Verbraucher zahlt, wenn der Strom nicht kommt
Bei Pannen von Offshore-Windparks sollen die Verbraucher zukünftig an den Schadensersatzforderungen beteiligt werden. Stromkunden müssen zahlen, wenn Windkraftwerke im Meer nicht rechtzeitig ans Netz angeschlossen werden und den Betreibern deshalb Schaden entsteht. Das beschloss das Kabinett am Mittwoch in Berlin.
Am Ende ging es ziemlich schnell. Noch am Dienstag hatten Umweltminister Peter Altmaier (CDU) und Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) mit Wirtschaftsvertretern und Verbänden diskutiert, wie der Anstieg der Strompreise infolge der Energiewende aufgefangen werden kann. Nur einen Tag später präsentierten sie einen Gesetzesentwurf, der Mehrbelastungen für die Verbraucher vorsieht. Wenn es zu Anschlussproblemen bei Windparks in Nord- und Ostsee kommt, sollen die Stromkunden zukünftig an den Mehrkosten beteiligt werden.
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Netzausbau soll beschleunigt werden
Das Gesetz soll unter anderem bewirken, für den Ausbau der Windkraft auf hoher See zusätzliche Investoren zu gewinnen. Denn bisher läuft der Ausbau nicht wie geplant. Unternehmen wie die niederländische TenneT Holding sind mit der Netzanbindung überfordert, die ungeklärte Haftung hielt mögliche Geldgeber von einem Engagement in Offshore-Parks ab. Zugleich locken hohe Renditen mit einer Eigenkapitalverzinsung von 9,05 Prozent, wenn Unternehmen in das Stromnetz investieren. Zuletzt hatten die Versicherungsriesen Munich Re und Allianz ihr Interesse am Ökostrom bekundet (der Versicherungsbote berichtete).
Die Endverbraucher werden laut dem Gesetzentwurf über eine Haftungsumlage an möglichen Schadensersatzforderungen beteiligt. Die Minister betonen, dass die Belastungen für die Stromkunden so gering wie möglich ausfallen und die Umlage im besten Falle gar nicht zu zahlen ist. Die Umlage soll bei 0,25 Cent je Kilowattstunde gedeckelt werden, für einen Durchschnittshaushalt bedeutet das Mehrkosten von höchstens neun Euro im Jahr. Zudem sieht das Gesetz eine Mithaftung der Unternehmen vor: Bis zu 100 Millionen Euro jährlich zahlen die Netzbetreiber selbst, wenn sie den Stromausfall fahrlässig mitverantwortet haben. Der Bundestag muss dem Kabinettsbeschluss noch zustimmen.
Mit dem Gesetz soll nun der Weg frei gemacht werden für neue Milliardeninvestitionen. „Wir sorgen für Sicherheit bei Banken und Betreibern“, sagte Umweltminister Altmaier. Damit seien tausende neue Arbeitsplätze in der Energiewirtschaft gesichert. Wirtschaftsminister Philipp Rösler sprach sogar von einem „absoluten Durchbruch“ bei der Energiewende.
Kritik von Verbraucherverbänden
Verbraucherverbände und Opposition kritisierten den Gesetzentwurf scharf. Gewinne der Netzbetreiber werden privatisiert und Verluste sozialisiert, argumentierten Verbraucherschützer. Die Grünen und Greenpeace warfen der Regierung vor, Extrakosten beim Windpark-Ausbau einseitig auf die Bürger abzuwälzen. Johanna Voß (Linke) forderte als Alternative eine Verstaatlichung der Netze.
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Dem entgegen betonte Verbraucherministerin Ilse Aigner (CSU), dass die Strombetreiber schon stärker an den Kosten beteiligt werden als anfangs geplant. „Die Risikoverteilung wurde zugunsten der Verbraucher verändert, denn die Netzbetreiber werden stärker als ursprünglich vorgesehen in Haftung genommen.“ Bis zu 20 Prozent der Forderungen sollen die Unternehmen selbst zahlen. Das Verbraucherministerium hatte den Gesetzentwurf des Kabinetts zunächst blockiert, war aber zur Zustimmung bereit, nachdem die Belastungen für die Endkunden etwas abgemildert wurden.