In den vergangenen zehn Jahren ist die Zahl der Kaiserschnitte um zehn Prozent gestiegen. Ob ein Kind per Kaiserschnitt zur Welt kommt, das wird auch dadurch entschieden, in welcher Region die Geburt stattfindet. Während beispielsweise in Dresden nur 17 Prozent der Babies per Kaiserschnitt das Licht der Welt erblicken, sind es in Landau und in der Pfalz dreimal so viele (51 Prozent). Das zeigt der aktuelle Faktencheck Gesundheit der Bertelsmann Stiftung, für den Daten des Statistischen Bundesamtes sowie der Barmer GEK aus den Jahren 2007 bis 2010 ausgewertet wurden.

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Die Gründe für die regionalen Unterschiede liegen laut Bertelsmann Stiftung vor allem in den unterschiedlichen Risikobewertungen der Geburtshelfer in den einzelnen Regionen. Andere häufig genannte Gründe wie etwa der explizite Wunsch der Eltern oder das steigende Alter der Mütter scheinen hingegen nur eine untergeordnete Rolle zu spielen.

In manchen Regionen gibt es einen Kaiserschnitt-Boom

“Es gibt in Deutschland kein einheitliches Vorgehen bei der Entscheidung darüber, ob ein Kaiserschnitt notwendig ist oder nicht“, sagt Stefan Etgeton, Gesundheitsexperte der Bertelsmann Stiftung. In manchen Regionen scheint es einen wahren Trend hin zur Geburt mit dem Skalpell zu geben. Das Problem betrifft dabei nicht nur einzelne Kreise. In Teilen von Rheinland-Pfalz, Bayern und Niedersachsen liegt die Kaiserschnitt-Rate zum Teil weit über 40 Prozent, in vielen Gebieten der Neuen Bundesländer hingegen unter 20 Prozent.

Medizinisch notwendig ist ein solcher Eingriff allerdings nur in zehn Prozent aller Fälle. Andere Gründe sind hingegen, dass Frauen Angst vor den Schmerzen und Komplikationen einer natürlichen Geburt haben – und dann Frauenärzte zu einem Eingriff raten. Die Personalnot in den Krankenhäusern ist eine weitere Ursache, denn eine Kaiserschnitt-OP ist vom Klinikpersonal leichter zu planen und vorzubereiten als eine vaginale Geburt. Ist die Abteilung knapp besetzt und das Personal unerfahren, wird häufiger das Skalpell benutzt – darauf deutet eine Auswertung der Fachabteilungen hin.

"Es gibt selbstverständlich Situationen, in denen ein Kaiserschnitt unumgänglich ist, um das Leben von Mutter und Kind zu schützen", erklärt Prof. Petra Kolip, Gesundheitswissenschaftlerin und Mitautorin der Studie. "In den meisten Fällen haben die Ärzte jedoch einen Ermessensspielraum, der offensichtlich ganz unterschiedlich genutzt wird." Bei Risikosituationen wie Beckenendlage, Zwillingsgeburt oder einem vorherigen Kaiserschnitt, bei denen eine natürliche Geburt im Prinzip möglich ist, wird trotzdem sehr häufig ein Kaiserschnitt durchgeführt. Daher gibt es in vielen Kliniken immer weniger Erfahrung mit komplizierteren natürlichen Geburten.

Haftungsfragen dürften ebenfalls eine Rolle dabei spielen, dass immer häufiger für einen geplanten Kaiserschnitt entschieden wird. Nicht zuletzt geben die medizinischen Leitlinien Ärzten oft nicht ausreichend Orientierung und müssten eindeutiger formuliert sein, so Kolip. Auch wenn Frauen bereits eine Kaiserschnitt-OP hinter sich haben, raten viele Frauenärzte pauschal zu einer Wiederholung des medizinischen Eingriffs bei der Geburt des zweiten Kindes.

Auch Kaiserschnitt-OP hat Risiken

Gesundheitsexperten beurteilen den Trend hin zur Kaiserschnitt-OP durchaus skeptisch. Denn auch eine solche Geburt kann Risiken mit sich bringen. „Zwar sind die Komplikationen dank des medizinischen Fortschritts zunehmend gesunken. Trotzdem handelt es sich hierbei immer noch um einen großen und schmerzhaften Eingriff. Allerdings sind sich viele Frauen der Folgen eines Kaiserschnitts nicht bewusst und die Ärzte klären hierüber nicht gut auf“, sagt Gesundheitsexpertin Golip.

So würde durch eine Schnittentbindung etwa das Risiko für Mütter steigen, an einer Thrombose oder Lungenembolie zu erkranken. Auch in der Beziehung zwischen Mutter und Kind treten Komplikationen wie Bindungsstörungen oder Stillprobleme häufiger auf. Eine gute Stillbeziehung kann durch Maßnahmen wie frühes Bonding (möglichst früher Hautkontakt zwischen Mutter und Kind) gefördert werden. Schonende Kaiserschnitt-Techniken wie die Misgav-Ladach-Methode haben die Liegezeit im Krankenhaus sowie die Wundgefahr gesenkt. Bei dieser Methode wird das Schneiden des Muskelgewebes stark reduziert. Stattdessen werden die Bauchdecke und die Gebärmutter durch Dehnen und Reißen des Gewebes so weit geöffnet, dass das Kind entnommen werden kann.

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Das Onlineportal faktencheck-kaiserschnitt.de soll die Aufklärung der Eltern unterstützen. Hier können werdende Mütter und Väter auf einer interaktiven Deutschlandkarte ablesen, welche Kaiserschnitt-Häufigkeiten ihr Land- und Stadtkreis aufweist. Zudem zeigt eine interaktive Grafik, in welchen Situationen ein Kaiserschnitt dringend geboten und in welchen auch eine natürliche Geburt möglich ist.