Berufung von Tchibo zurückgewiesen
Das Urteil des Landgerichts Hamburg (Az. 408 O 95/09) gegen die Tchibo Direct GmbH hat vorerst weiter Bestand. Das Oberlandesgericht Hamburg wies den Berufungsantrag von Tchibo zurück.
Bis Januar 2011 wurden auf der Webseite des Kaffeerösters neben klassischen Versicherungen auch Finanzprodukte per Mausklick offeriert. Dagegen klagte der Düsseldorfer Wettbewerbsverein Wirtschaft im Wettbewerb e.V. (WiW), der von seinen Mitgliedern, dem ebenfalls in Düsseldorf ansässigen Brancheninformationsdienst 'versicherungstip' des 'markt intern'-Verlages und dem Berliner 'AfW - Bundesverband Finanzdienstleistung' eingeschaltet wurde (Versicherungsbote berichtete: Dünnes Eis und heißer Kaffe: Keine Fonds bei Tchibo).
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Vor Gericht war entscheidend, ob der Kaffeeröster nur als sogenannter Tippgeber zu betrachten und damit von einer Genehmigungspflicht befreit war oder ob eine Versicherungsvermittlung stattfand. Das OLG Hamburg bestätigte jetzt die Auffassung der Vorinstanz, der zufolge die Tchibo-Aktivitäten für einen reinen Tippgeber zu weit gingen, da nicht nur Kontaktdetails weitergegeben, sondern dem Kunden die Möglichkeit zu einem Online-Abschluss für konkrete Produkte offeriert wurden. Die Revision wurde zugelassen, womit Tchibo das Urteil dem Bundesgerichtshof zur Überprüfung vorlegen kann.
Die WiW-Geschäftsführerin Dr. Viola Huber dazu: „Die angebotenen Versicherungs- und Finanzprodukte profitieren von einer großen Endverbraucherbekanntheit; diesen Vertrauensvorschuss missbraucht Tchibo, wenn unter dem Deckmäntelchen der Tippgebereigenschaft die gesetzlichen Vorschriften umgangen werden. Für den Verkauf von Kaffee, Heizdecken und Badaccessoires sind der Abschluss einer Police für Vermögensschäden und ein Sachkundenachweis naturgemäß unnötig – fehlen diese bei der Vermittlung von Versicherungen oder Geldanlagen, werden Verbraucher wie ordnungsgemäß agierende Vermittler gleichermaßen benachteiligt.“
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Auch Rechtsanwalt Norman Wirth, geschäftsführender Vorstand des AfW, zeigt sich zufrieden: „Der Gesetzgeber hat eindeutig bestimmt, dass die Vermittlung von Versicherungen an klare Vorgaben geknüpft ist: eine Qualifikation des Vermittlers, eine Dokumentation des obligatorischen Beratungsgesprächs, Informationspflichten, den Abschluss einer Versicherung gegen Vermögensschäden des Kunden und an eine Registrierung. Diese Vorgaben des Gesetzgebers schienen weder die Aufsichtsbehörde BaFin noch Tchibo und die Partnerversicherung Asstel für relevant zu halten. Es ist eine gute Nachricht für alle kundenorientiert arbeitenden Versicherungsvermittler und die Verbraucher und ein schöner Erfolg der gemeinsamen Bemühungen von WIW, ′versicherungstip′ und AfW!“