Die Finanz- und Eurokrise ist männlich. Nicht nur deshalb, weil Männer überproportional in den Chefetagen des Finanzsektors vertreten sind. Rund drei Viertel aller Arbeitsplätze, die europaweit infolge der Finanzkrise weggebrochen sind, hatten ebenfalls Männer inne. Dies führte dazu, dass erstmals die Arbeitslosenquote der Männer diejenige der Frauen übertraf, berichtet das Nachrichtenportal Telepolis und beruft sich dabei auf eine Studie des französischen Instituts Centre d'analyse stratégique (CAS).

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Krise in Industrie und Baugewerbe kostet mehrheitlich Männer Arbeitsplätze

Aus den untersuchten Zahlen gehe sogar hervor, dass die Krise eine „schützende Wirkung“ auf die Beschäftigungssituation der Frauen gehabt habe. Als wichtigste Ursache nannte das französische Wirtschaftsforschungsinstitut, dass überproportional jene Sektoren von Entlassungen betroffen waren, in denen mehrheitlich Männer beschäftigt sind – speziell die Industrie und das Baugewerbe. In diesen Branchen beträgt der Männeranteil zwischen 70 und 90 Prozent, die Beschäftigung brach um bis zu 13 Prozentpunkte ein. Dem entgegen blieb der Dienstleistungssektor, in dem mehrheitlich Frauen arbeiten, von Entlassungen weitgehend verschont.

Frauen könnten auch zukünftig profitieren

Der Trend einer Arbeitsmarktentwicklung zugunsten der Frauen könnte sich in den kommenden Jahren weiter fortsetzen, konstatieren die französischen Forscher, auch wenn sich die Entwicklung ab 2011 leicht abgeschwächt habe. Die europäischen Frauen seien immer besser ausgebildet, ein Mehrbedarf an Beschäftigten weiterhin vor allem in bestimmten Dienstleistungsbranchen zu erwarten.

Hingegen könnte sich das Industrie- und Baubgewerbe weiterhin als krisenanfällig erweisen, was sich unter anderem an dem hohen Anteil von erzwungener Zeitarbeit äußere. Als Ausweg empfiehlt das CAS, bestimmte Dienstleistungsbranchen, in denen Frauen besonders stark vertreten sind -etwa in den Bereichen Gesundheit und Bildung- verstärkt zu „maskulinisieren“, so dass die Tätigkeiten auch für Männer attraktiver werden. Männer in Frauenberufe - Das könnte ein Ausweg aus der männlichen Beschäftigungsmisere sein.

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Die aktuelle Entwicklung vollzieht sich vor dem Hintergrund, dass die Europäische Union eine stärkere Förderung der Erwerbsarbeit von Frauen anstrebt. Unter dem Stichwort „Europa 2020“ hat die EU in 2011 eine Wirtschaftsstrategie für die kommenden zehn Jahre beschlossen. Bis zum Jahr 2020 soll die Erwerbsquote beider Geschlechter auf 75 Prozent ansteigen. Aktuell beträgt die Erwerbstätigenquote von Frauen zwischen 20 und 65 Jahren EU-weit rund 62 Prozent.

Telepolis/ CAS