Nach Göttingen und München hat nun auch Leipzig einen Organspendeskandal – mit tödlichen Konsequenzen. Jeden Tag sterben in Deutschland drei Menschen, weil sie nicht rechtzeitig ein Spenderorgan erhalten. Aber die Bereitschaft der Bundesbürger zur Organspende ist weiter gesunken, nachdem der Verdacht im Raum steht, korrupte Ärzte manipulieren die Akten von zahlungswilligen Patienten, damit diese schneller ein lebensrettendes Organ erhalten. „Natürlich wirkt sich das auf die Spendenbereitschaft aus“, sagte Günter Kirste, medizinischer Vorstand der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO), am Mittwoch vor Pressevertretern. „Im letzten Vierteljahr 2012 sind die Spenderzahlen deutlich zurückgegangen.“

Anzeige

Reform des Transplantationsgesetzes verpflichtet Krankenversicherer zur Aufklärung

Umso schwieriger ist nun die Mission für die gesetzlichen und privaten Krankenversicherer, die Menschen für das Thema Organspende zu sensibilisieren. Im November hatte der Bundestag eine Reform des bisherigen „Gesetzes zur Organspende“ verabschiedet, fortan sollen alle Versicherer ihre Mitglieder ab 16 Jahren regelmäßig mit einem Schreiben informieren.
Eine Initiative, die Not tut. Bisher sind nur ca. 25 Prozent der Bundesbürger in Besitz eines Organspendeausweises, der zur Entnahme von Organen nach dem Tod berechtigt. Jedes zusätzlich ausgestellte Dokument kann ein Leben retten. Bis Oktober 2013 haben die Krankenversicherer Zeit, die Reform umzusetzen.

Bis zum Jahreswechsel hielten sich die Versicherer jedoch mit Aktionen zurück. Wie das Handelsblatt berichtet, hat von den großen deutschen Krankenkassen nur die Techniker Krankenkasse (TK) unmittelbar nach Inkrafttreten des Gesetzes reagiert und eine Sonderausgabe des Mitgliedermagazins an die rund 7 Millionen Mitglieder verschickt. Die Aktion sei durchaus auf Resonanz gestoßen, berichtet ein Sprecher der Krankenkasse. Rund 15.000 TK-Versicherte hätten auf der eigens eingerichteten Hotline oder beim Infotelefon Organspende der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzgA) angerufen und sich erkundigt, ob sie als Spender in Frage kommen. Auch die AOK Rheinland/Hamburg habe Ende 2012 bereits Infomaterial an ihre rund 125.000 Mitglieder versandt.

Die Barmer GEK will Ende März in die Offensive gehen und ihre rund 7,8 Millionen Versicherten anschreiben. Allerdings hat der Krankenversicherer ein entsprechendes Informationsangebot auf der Startseite der Webseite platziert, das unter dem Titel „Organspende ja oder nein“ über die wichtigsten Aspekte aufklärt. Dort ist auch eine kostenfreie Hotline-Nummer ausgewiesen, der Spenderausweis kann direkt von der Website heruntergeladen und ausgedruckt werden.

Auf den Webseiten der Kassen AOK und DAK fehlt jedoch eine Information zur Organspende auf der Startseite. Der Versicherte muss aktiv nach Informationen suchen und sich durch das Navigationsmenü klicken, um Aufklärung zu finden. Die DAK will sich im April über die Mitgliederzeitschrift an die rund 5,7 Millionen Versicherten wenden.

PKV-Verband unterstützt Organspende-Initiative

Auch der Dachverband der privaten Krankenversicherer (PKV) begrüßt die Reform des Transplantationsgesetzes und sichert zu, dass die Privatpatienten zukünftig alle zwei Jahre zum Thema Organspende angeschrieben werden. „Die Private Krankenversicherung unterstützt aus voller Überzeugung das damit verbundene Ziel, die Organspendebereitschaft in Deutschland zu steigern“, heißt es in einer Pressemitteilung des Verbandes.

Wichtig sei hierbei, dass weiterhin der Grundsatz der Freiwilligkeit gelte – niemand werde dazu gezwungen, verbindlich Position beziehen zu müssen. „Allerdings: Nur wer sich selbst entscheidet und seinen Entschluss auch bekundet – ob für oder gegen eine Spende nach dem Tode –, kann seinen Angehörigen im Todesfall eine zusätzliche Belastung ersparen. Denn sie müssen die Entscheidung treffen, wenn keine eindeutige Erklärung des Verstorbenen zur Organ- und Gewebespende vorliegt“, argumentiert der PKV-Verband.

Die Neuregelung des Transplantationsgesetzes sieht zudem eine rechtliche Verbesserung für Privatpatienten vor, die als Lebendspender einen anderen Menschen retten. Bisher konnte es passieren, dass Privatpatienten als Spender auf den Folgekosten der Operation sitzen blieben, weil die Versicherung etwa eine Übernahme der Reha-Kosten abgelehnt hat.

Anzeige

Hier sorgte der Gesetzgeber für mehr Klarheit. Jeder Spender hat zukünftig einen Anspruch gegen die Krankenversicherung des Organempfängers auf Krankenbehandlung, Vor- und Nachbetreuung, Rehabilitation, Fahrtkosten und Krankengeld in Höhe des Nettoverdienstausfalls – ganz gleich, ob er privat oder gesetzlich versichert ist. Jedoch berichtet die Stiftung Lebendspende in einem Gutachten von 2007, dass einige Privattarife laut Vertrag Leistungen für Organspender und -empfänger explizit ausschließen. Ein Tatbestand, der zukünftig für Konflikte sorgen könnte.