Wie Unterhalt für pflegebedürftige Eltern berechnet wird
Wie wird der Unterhaltsbedarf eines pflegebedürftigen Elternteils eigentlich berechnet? Insbesondere dann, wenn Vermögen vorhanden ist? - Mit diesen und weiteren Fragen setzte sich der Bundesgerichtshof auseinander.
Im vorliegenden Fall (XII ZR 150/10) machte ein Sozialhilfeträger für die Zeit ab April 2008 aus übergegangenem Recht Elternunterhalt geltend.
Der Sozialhilfeträger leistete für eine Frau wegen ungedeckter Pflegeheimkosten Hilfe zur Pflege nach dem Sozialgesetzbuch XII.
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Die 1915 geborene Frau lebte seit Februar 2008 in einem Pflegeheim; ein Betreuer wurde im März 2008 für sie bestellt. Die Frau wurde in die Pflegestufe II eingestuft und erhielt entsprechende Leistungen aus der Pflegeversicherung. Zusätzlich bezog die Mutter von insgesamt acht Kindern unter anderem Leistungen für Kindererziehung.
Einer der Söhne ist verheiratet und arbeitete als selbstständiger Stuckateur. Neben einer Rente bezieht er Miet- und Kapitaleinkünfte. Gemeinsam mit seiner Ehefrau, die ebenfalls Miet- und Kapitaleinkünfte erzielt, ist er Eigentümer mehrerer Immobilien, unter anderem eines selbstgenutzten lastenfreien Einfamilienhauses, und verfügt über ein Barvermögen von rund 250.000 €.
Der Sohn wurde vom Amtsgericht zur Zahlung des rückständigen Unterhalts von 8.968 € (bis Juli 2009) sowie zu laufendem Unterhalt von monatlich 561 € ab August 2009 verurteilt. Das Berufungsgericht hat den Unterhalt herabgesetzt auf monatlich laufend 450 € ab August 2010 sowie einen Rückstand von nur noch 11.556,37 € (bis Juli 2010) zugesprochen. Der Sohn verfolgte mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision die vollständige Abweisung der Klage.
Der Bundesgerichtshof stellte nun fest, dass sich der Unterhaltsbedarf eines im Pflegeheim untergebrachten Elternteils nach den notwendigen Heimkosten richtet. Für die Bedürfnisse des täglichen Lebens sei ein Barbetrag hinzuzuziehen. Dieser angemessene Lebensbedarf beschränkt im Falle der Sozialhilfebedürftigkeit auf das Existenzminimum. Damit verbunden: Die Heimunterbringung kann einfach und kostengünstig erfolgen - sie muss aber dem Unterhaltsberechtigten zumutbar sein.
Weiterhin stellte der BGH fest, dass es dem Unterhaltspflichtigen zusteht, die Notwendigkeit der Heimkosten „substantiiert zu bestreiten“. Also genügend Tatsachen vorzutragen, die darlegen, dass die entstandenen Kosten zu hoch seien. Die Pflicht nachzuweisen, dass es sich um notwendige und angemessene Kosten handelt, trifft dann den Unterhaltsberechtigten bzw. im Fall des sozialhilferechtlichen Anspruchsübergangs den Sozialhilfeträger.
Ist dem Elternteil die Wahl einer kostengünstigeren Heimunterbringung nicht zuzumuten, können im Einzelfall auch höhere als die notwendigen Kosten als Unterhaltsbedarf geltend gemacht werden.
Wendet der Unterhaltspflichtige ein, dass eine kostengünstigere Möglichkeit zur Unterbringung bestanden habe, kann sich dies im Einzelfall als treuwidrig erweisen.
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Hat der Unterhaltspflichtige verwertbares Vermögen und selbst die Regelaltersgrenze erreicht, kann das Vermögen laut BGH in folgender Weise für den Elternunterhalt eingesetzt werden: Dieses Vermögen könne in eine an der statistischen Lebenserwartung des Unterhaltspflichtigen orientierte Monatsrente umgerechnet werden. Die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen wird dann aufgrund des so ermittelten (Gesamt-)Einkommens nach den für den Einkommenseinsatz geltenden Grundsätzen bemessen.