Zeig mir, wer deine Eltern sind – und ich sag dir, was aus dir wird. Mit diesem Slogan lässt sich zugespitzt eine aktuelle Studie zum Thema Chancengleichheit zusammenfassen, die das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) am Mittwoch in Berlin vorgestellt hat. Demnach hängt das persönliche Einkommen und der Bildungserfolg in Deutschland ganz wesentlich vom Elternhaus ab. Mit anderen Worten: Wenn die Eltern wenig verdienen und einen niedrigen Bildungsstand haben – dann trifft dies mit hoher Wahrscheinlichkeit auch auf die Kinder zu (mehr dazu im DIW-Wochenbericht 4/2013).

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“In Deutschland besteht kaum Chancengleichheit“

Der Traum vom Tellerwäscher zum Millionär sei sowohl in Deutschland als auch in den USA eine Legende, sagt der Ökonom Daniel Schnitzlein, der die Studie leitete. „Das Niveau an Chancengleichheit ist in Deutschland ähnlich niedrig wie in den USA. Betrachtet man dagegen Dänemark, haben wir dort ein sehr hohes Niveau an Chancengleichheit.“ Für die Studie wertete Schnitzlein nicht nur die Daten von Eltern und ihren Kindern aus, sondern verglich auch Geschwisterpaare mit anderen gleichaltrigen Personen. Als Grundlage für die Erhebung dienten ihm Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP).

Die Ergebnisse Schnitzleins sind dabei wenig optimistisch. Rund 40 Prozent unseres individuellen Arbeitseinkommens, schreibt Schnitzlein, lasse sich statistisch mit unserer Herkunft erklären. Besonders hoch sei die Bedeutung der Herkunft auch für die Bildung eines Menschen. Der Bildungserfolg von Männern sei zu 66 Prozent vom familiären Hintergrund abhängig, bei Frauen immerhin noch zu 56 Prozent. Die Schlussfolgerung des Wissenschaftlers: „Der Bildungserfolg in Deutschland hängt stärker mit dem Familienhintergrund zusammen als die größtenteils genetisch bedingte Körpergröße.“ Kein gutes Zeugnis für ein Land, das die Chancengleichheit im Grundgesetz verankert hat.

Bildungssystem und Erziehungsstil der Eltern wichtige Gründe für Ungleichheit

Warum aber hat die familiäre Herkunft einen so großen Einfluss auf die Zukunftschancen in Deutschland? Hier gibt die Studie nur enttäuschende Antworten. Die Wissenschaftler betonen selbst, dass die Gründe für Ungleichheit anhand ihrer Analysemethoden nur unzureichend zu benennen sind.

„In der Literatur gibt es insgesamt Hinweise, die darauf hindeuten, dass das Bildungssystem ein treibender Faktor ist“, erklärt DIW-Ökonom Schnitzlein. So haben etwa dänische Forscher die Zukunftschancen von Migrantenkindern mit den Chancen von Kindern ohne Migrationshintergrund verglichen - und festgestellt, dass das Bildungssystem einen größeren Einfluss hatte als kulturelle Unterschiede. Es ist aber strittig, ob die Ergebnisse einfach auf Deutschland übertragbar sind.

Auch deshalb sollte das Elternhaus bei der Betrachtung der Chancengleichheit nicht ausgespart bleiben. „Entscheidende Faktoren können auch die Ressourcen und Möglichkeiten des Elternhaushalts oder Netzwerke der Eltern sein“, sagt Schnitzlein. Zudem sei der Erziehungsstil der Eltern ein wichtiger Faktor für die spätere Entwicklung des Kindes. Als Gegenmaßnahmen empfiehlt das DIW eine stärkere frühkindliche Förderung von Kindern aus bildungsfernen Familien. Zudem müsse die Durchlässigkeit des deutschen Bildungssystems erhöht werden.

Deutsches Bildungssystem ist hoch selektiv

Bereits die Pisa-Studien hatten gezeigt, dass das deutsche Bildungssystem Ungleichheiten fördert. Schon früh beginnen deutsche Schulen damit, die Schüler zu selektieren und auf die unterschiedliche Schulformen wie Hauptschule oder Gymnasium aufzuteilen. Kinder aus Elternhäusern mit hohem Status und Einkommen erreichen dabei weitaus häufiger eine hohe Bildung als Kinder aus Arbeiterfamilien.

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Doch nicht immer entscheiden Intelligenz und Leistungsvermögen über den Bildungsweg eines Kindes. Laut Bildungsstudien wie PISA oder IGLU werden Kinder aus höheren Schichten circa fünfmal so oft fürs Gymnasium empfohlen wie Kinder aus sozial schwächeren Familien – auch bei gleichen Leistungen.

DIW Berlin