Für die Marktstudie KUBUS GKV 2013 ließ die Kölner Unternehmensberatung MSR Consulting über 4.000 gesetzlich Krankenversicherte befragen. Das Ergebnis: 64 Prozent der Befragten würden eine private Krankenzusatzversicherung am liebsten über ihre gesetzliche Krankenkasse abschließen.

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Unterliegen Krankenkassen denselben Regeln wie Versicherungsvermittler?

Dass gesetzliche Krankenkassen Zusatzkrankenversicherungen vermitteln, ohne die Kriterien zu erfüllen, die an z.B. Versicherungsmakler gestellt werden, war bereits Gegenstand von Gerichtsverfahren.
Das OLG Brandenburg wies die Klage des AfW als unbegründet zurück (Versicherungsbote berichtete: "AfW zieht AOK vor den Bundesgerichtshof").
Begründet wurde die Entscheidung im Wesentlichen durch § 194 Abs. 1a SGB V. Die 2003 im Zuge des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz) eingeführte Vorschrift besagt im Wortlaut: „Die Satzung kann eine Bestimmung enthalten, nach der die Krankenkasse den Abschluss privater Zusatzversicherungsverträge zwischen ihren Versicherten und privaten Krankenversicherungsunternehmen vermitteln kann. Gegenstand dieser Verträge können alle Leistungen sein, die den gesetzlichen Krankenversicherungsschutz ergänzen, insbesondere Ergänzungstarife zur Kostenerstattung, Wahlarztbehandlung im Krankenhaus, Ein- oder Zweibettzuschlag im Krankenhaus sowie eine Auslandskrankenversicherung.“
Diese „spezialgesetzliche Regelung“ verdränge die Vorschriften der Gewerbeordnung. Auch sei zweifelhaft, so das Gericht, dass es sich bei der Vermittlung von privaten Krankenzusatzversicherungen durch gesetzliche Krankenkassen überhaupt um ein Gewerbe handle. Eine Gewinnerzielungsabsicht sei nicht festzustellen.

Norman Wirth, geschäftsführender Vorstand des AfW, kommentierte das Urteil so: „Ein besonderes Schmankerl ist, dass das Gericht festgestellt hat, dass die EU-Vermittlerrichtlinie aussagt, dass die Versicherungsvermittler über die vom Herkunftsstaat des Vermittlers festgelegten angemessenen Kenntnisse und Fertigkeiten (berufliche Anforderungen) verfügen müssen und die Mitgliedsstaaten entsprechende Maßnahmen zur Überprüfung durch staatliche Stellen treffen muss. Nach Meinung des Gerichts wäre insofern hier u. a. das Bundesversicherungsamt zuständig. Hier müsste die BaFin doch sofort einschreiten und für Klarheit sorgen! Letztlich reden wir über die Aufsicht über private Versicherungen. Ich spreche zum einen dem Bundesversicherungsamt die Kompetenz für den privaten Versicherungssektor ab und zum anderen erinnere ich die BaFin an ihre Aufgaben.“

Auch in juristischen Fachkreisen bestehen unterschiedliche Ansichten zu der Frage, unter welchen Umständen die gesetzlichen Kassen der Erlaubnispflicht nach GewO unterliegen. Einerseits wird argumentiert, dass Erlaubnispflicht bestehe, sobald die gesetzlichen Krankenkassen gegen Vergütung oder gegen einen sonstigen geldwerten Vorteil tätig werden. Andere Juristen vertreten die Auffassung, dass es sich um eine gesetzlich gestützte Sonderaufgabe handle, die der hoheitlichen Leistungsverwaltung zuzuordnen sei.

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Der AfW will deshalb Rechtssicherheit: „Sollte – entgegen unserer Erwartung - der BGH die Auffassung des OLG Brandenburg bestätigen, ist der Gesetzgeber gefragt. Dann hätten wir eindeutig einen Fall von fehlerhafter Umsetzung der EU-Richtlinie“ meint Norman Wirth. Der jetzige Zustand müsse abgestellt und nötigenfalls im Rahmen der IMD 2 nachjustiert werden.