Der Wunsch der Versicherungsgesellschaften scheint auf den ersten Blick logisch, drückt doch das schon lange anhaltende niedrige Zinsniveau auf Renditen. Problematisch sind insbesondere die Lebensversicherungen, die schon länger laufen und dem Kunden einen hohen Garantiezins versprechen. Bei Policen, die in den Jahren zwischen 1994 und 2000 abgeschlossen wurden, sind das sogar 4 Prozent. Der Garantiezins wurde jedoch in den letzten Jahren Stück für Stück reduziert. Heute ist er bei 1,75 % angekommen. Ein Zinssatz, der die Kunden nicht gerade hinter dem Ofen hervorlockt und den Verkauf von neuen Lebensversicherungen erheblich erschwert.

Anzeige

Den Versicherungsgesellschaften geht es nicht schlecht

Doch so schlimm die Zahlen auch aussehen, den Gesellschaften geht es bei weitem nicht so schlecht. Laut Informationen des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" sollen sich die Bewertungsreserven auf der Basis von festverzinslichen Wertpapieren seit Anfang 2011 und das dreißigfache gestiegen sein. In absoluten Zahlen sind das jetzt 75 Milliarden, an Stelle von 2,7 Milliarden. Ein Grund sind zum Beispiel Staatsanleihen, die schon vor Jahren erworben wurden, und viel höher verzinst werden, als es zur Zeit am Markt üblich ist. Die Ratingagentur Assekurata rechnete im November aus, dass die Versicherungsgesellschaften immer noch durchschnittlich 3,3 Prozent am Kapitalmarkt erzielen. Die Anforderungen aus den Garantiezinsen der Policen liegen hingegen bei durchschnittlich 3,23 Prozent. Diese Zahlen geben keineswegs Anlass zur Sorge.

Kürzungen sind eine "Unverschämtheit"

So ist es auch verständlich, dass der Vorsitzende des Bundes der Versicherten, Axel Kleinlein, die geplanten Kürzungen als "Unverschämtheit" tadelt. Laut eine internen Hochrechnung eine Versicherungsverters eines großen Unternehmens, verringert sich die Ablaufleistung im einem Beispiel einer Police die 2017 ausläuft von 75.000 Euro auf 68.000 Euro. Auch "öko-Test" bestätigt diese Zahlen. Dem Verbrauchermagazin liegen Verträge vor, bei denen sich die Ablaufleistung durch die Gesetzesänderung um bis zu 8.200 Euro reduziert.

Verschiebung zu Gunsten der Aktionäre

Schon in der Vergangenheit konnte eine klare Verschiebung der Ausschüttung der Überschüsse zu Gunsten der Aktionäre festgestellt werden. Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg, betrachtet das Verhalten der Versicherer kritisch. Seit 2002 haben sich die Gewinne der Aktionäre bezogen auf den Rohüberschuß fast verdoppelt und liegen heute bei 15 Prozent. Im gleichen Zeitraum ist der Anteil für die Versicherten um 7,7 Prozent zurückgegangen. Dieser Trend würde sich mit dem geplanten Beschluss der Kürzung der Bewertungsreserven noch verschärfen. In einem Interview mit dem Deutschlandfunk vom 30.1.2013 wirft Niels Neuhausen auch der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) und dem Bund Versagen vor. Wörtlich: "Auf der anderen Seite hat aber auch die Aufsicht an der Stelle versagt, denn die BaFin ist ja dafür verantwortlich, sicherzustellen, dass die Versicherer ihre Zinsversprechungen auch einhalten können."

Anzeige

Der Vermittlungsausschuss

Mittlerweile beschäftigt sich ein Vermittlungsausschuss mit den Bewertungsreserven der Lebensversicherer. Die letzte Sitzung Ende Januar wurde ergebnislos abgebrochen und ist auf den 26. Februar vertagt worden. In der Zwischenzeit soll eine Arbeitsgruppe Lösungsvorschläge erstellen. Dabei kann sich der Vermittlungsausschuss keineswegs zeit nehmen, denn verbunden mit der geplanten Kürzung der Bewertungsresertven liegt auch die Verabschiedung des Gesetzes zu den Unisex-Tarifen auf Eis. Dieses Gesetz folgt einer Vorgabe der EU. Die Versicherer haben der EU-Vorgabe folgend bereits am 21.12.2012 ihre Unisex-Tarife auf den Markt gebracht, auch ohne Verabschiedung des deutschen Gesetzes.