Offshore-Leaks - Deutsche Bank gerät ins Zwielicht
Offshore-Leaks bringt nun auch deutsche Banken in Bedrängnis. Die Enthüllungen um Steueroasen zeigen, dass allein die Deutsche Bank mehr als 300 Niederlassungen und Trusts in Steueroasen hat gründen lassen, die meisten davon über ihre Niederlassung in Singapur. Ex-Finanzminister Hans Eichel (SPD) fordert ein hartes Vorgehen gegen Banken, die sich nicht zur Kooperation im Kampf gegen die Steuerhinterziehung verpflichten.
Nach der Veröffentlichung vertraulicher Unterlagen aus Steueroasen ist nun auch in Deutschland eine Diskussion darüber entbrannt, welche Mitverantwortung die Banken an den teils kriminellen Machenschaften haben. Speziell der Branchenprimus Deutsche Bank wird sich kritische Fragen gefallen lassen müssen. Nach Recherchen des NDR und der Süddeutschen hat die Bank über ihre Niederlassung in Singapur mehr als 300 Briefkastenfirmen und Trusts in Steueroasen gründen lassen, die möglicherweise auch zu Geldwäsche und Steuerhinterziehung genutzt werden können. Die meisten dieser Unternehmen sind auf den Britischen Jungferninseln aktiv.
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Steuerhinterziehung und Steuerbetrug seien keine Kavaliersdelikte, sondern kriminell, erklärte SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück. Der Kampf müsse aber auf internationaler Ebene geführt werden. „Wir sollten härtere Strafen für jene Finanzinstitute einführen, die zum Steuerbetrug einladen und daran mitwirken.“
Noch deutlicher drückte sich der frühere Finanzminister Hans Eichel aus. Es sei allgemein bekannt, dass global tätige Banken organisierte Beihilfe zur Steuerhinterziehung leisteten, sagte der SPD-Politiker in einem Interview mit MDR Info. Wenn Banken nicht zur Kooperation bereit seien, müsse man ihnen notfalls die Lizenz entziehen. Eichel befürwortete, auch in Zukunft Infos über Schwarzgelder aufzukaufen und zu veröffentlichen. Die Gesetze zwischen Ländern würden nicht ausreichen, um illegale Geldströme zu verhindern.
Auch CDU-Finanzstaatssekretär Steffen Kampeter schloss sich der Forderung nach strengeren Regelungen an. Deutschland benötige eine "vereinheitliche Strafverfolgung" von Steuersündern, eine Art "FBI gegen internationale Steuerhinterziehung", sagte Kampeter am Freitag im ZDF-Morgenmagazin. Dafür brauche der Bund aber mehr Befugnisse.
Tarnfirmen, Scheinnamen, höchste Geheimhaltung
Ein Datenleck hatte vor 15 Monaten rund 2,5 Millionen vertrauliche Dokumente über Steueroasen in die Hände von Journalisten gespült. Nun beginnt die Aufbereitung der Daten, an der Medienvertreter aus 46 Ländern beteiligt sind – in Deutschland die Süddeutsche Zeitung und der NDR. Erstmals werden so Informationen über die wahren Eigentümer von Tausenden Briefkastenfirmen in Steueroasen zugänglich. Auch dubiose Geldtransfers können detailliert zurückverfolgt werden. In dem Datensatz, der einen Umfang von 260 Gigabyte haben soll, werden 130.000 Anleger aus mehr als 170 Staaten aufgelistet.
Erste Auswertungen zeigten bereits, dass dabei auch kriminelle Energie im Spiel ist. In Steueroasen werden unter anderem die Gelder von Diktatoren und ihren Angehörigen, Waffenhändlern und russischen Oligarchen geparkt. Auch Betrüger wie Bernard Madoff etablierten ihr riesiges Schneeballsystem über Scheinfirmen in den Oasen. Große Banken sind bei den zwielichtigen Geldgeschäften beteiligt – die Süddeutsche nennt etwa Geldhäuser wie die US-Bank JP Morgan, die Deutsche Bank und die Schweizer UBS.
Auch Treuhänder und Anwaltskanzleien aus der Schweiz und Deutschland seien in das Geschäft mit Offshore-Zentren verwickelt. Unter anderem sorgte die Zürcher Großkanzlei Lenz und Staehelin dafür, dass keiner ihrer Offshore-Großkunden auf der Liste der Dienstleistungsempfänger erschien - Anonymität und Verschwiegenheit sind oberstes Gebot der Branche. Zu den Kunden, die mit Hilfe der Eidgenossen Trusts in Offshore-Zentren gründeten und so möglicherweise Geld vor dem Finanzamt versteckten, zählten unter anderem Gunter Sachs, Elie de Rothschild und Baroness Carmen Thyssen-Bornemisza.
Die Deutsche Bank wirbt auf ihrer Webseite dboffshore.com sogar offensiv für Offshore-Dienste. Dort heißt es etwa, Mauritius, eine Steueroase, biete „eine steuer-neutrale Umgebung“. Zudem gehe aus den bisher ausgewerteten Daten hervor, wie etwa die Deutsche Bank einer Privatperson geholfen habe, die eigene Yacht als Firmenbesitz zu tarnen, berichten NDR und Süddeutsche Zeitung.
Banken weisen Vorwürfe von sich
Ein Sprecher der Deutschen Bank wies alle Vorwürfe von sich. Die Deutsche Bank biete weder Steuerberatung an noch eine Dienstleistung zur Firmengründung in Steueroasen, ließ das Geldhaus wissen. Man habe "umfangreiche Vorkehrungen getroffen, um zu verhindern, dass die Produkte und Dienstleistungen der Bank zum Zwecke der Geldwäsche missbraucht werden können".
Wie die Süddeutsche Zeitung berichtet, seien aber bereits seit 2009 rund 500 Tochtergesellschaften des deutschen Branchenprimus in Steueroasen bekannt gewesen. Die Bundesregierung habe bisher wenig unternommen, die Geschäfte zu stoppen oder strenger zu regulieren – obwohl sie derartige Geschäftsmodelle in anderen Ländern scharf anprangert. Der finanzpolitische Sprecher der Grünen, Gerhard Schick, warf deshalb der schwarz-gelben Regierung vor, "diese illegalen Strukturen zumindest zu tolerieren oder auch zu schützen."
Doch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hat ebenfalls internationale Anstrengungen im Kampf gegen Steuerhinterziehung gefordert. Schärfere Maßnahmen könnten nicht im Alleingang durchgesetzt werden, sagte der CDU-Politiker im Deutschlandfunk, sondern nur in Kooperation mit anderen Ländern. Bereits am Donnerstag hatte das Bundesfinanzministerium die Süddeutsche Zeitung und den NDR dazu aufgefordert, den Behörden umfangreiche Daten über möglicherweise illegale Finanztransaktionen auszuhändigen. "Wenn man es ernst nimmt mit dem Kampf gegen Steuerhinterziehung, dann sollte man die Dokumente den zuständigen Behörden übergeben", sagte ein Sprecher des Finanzministeriums.
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Hingegen wies der Präsident des Bundesverbandes deutscher Banken, Andreas Schmitz, eine Mitverantwortung seiner Branche zurück. Den Zeitungen der "WAZ"-Gruppe sagte Schmitz, es seien in erster Linie Privatpersonen und Organisationen, die ihr Geld in den Steueroasen anlegten. Banken könnten die Steuerehrlichkeit der Kunden gar nicht überprüfen, weil ihnen die hoheitlichen Befugnisse dazu fehlten.