EU-Parlamentspräsident Martin Schulz fordert Abkehr vom Sparkurs
In Europa stagniert das Wirtschaftswachstum – Unter anderem wegen der rigiden Sparmaßnahmen in den südlichen Krisenländern. Nach EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso spricht sich nun mit Martin Schulz ein weiterer prominenter Europapolitiker für Wachstumsprogramme und ein Ende des Spardiktats aus.
Europa schlittert in die Rezession. Während der Internationale Währungsfonds (IWF) für das Jahr 2013 ein weltweites Wachstum von 3,3 Prozent prophezeit hat, prognostizieren die Experten für die Eurozone ein Minus von 0,3 Prozent. Am Dienstag warnte der IWF in einem Positionspapier, Europa drohe vom Rest der Welt in Sachen Wirtschaftswachstum abgehängt zu werden. Der IWF hat die durch Sparpolitik gehemmte Konjunktur sogar zum Hauptproblem für die Weltwirtschaft erklärt. Die Rezession drohe auch auf wichtige Handels- und Wirtschaftspartner Europas überzugreifen, etwa auf Russland, Brasilien und China.
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Barroso und Martin Schulz fordern Abkehr vom Spardiktat
Die Misserfolgsmeldungen veranlassen immer mehr Europapolitiker, die aktuelle Krisenpolitik Europas Infrage zu stellen. EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso hatte am Montag auf einer Konferenz gesagt, die Sparpolitik in Europa sei an ihre Grenzen gestoßen. Nun fordert auch Martin Schulz, Präsident des europäischen Parlaments, ein Ende des Spardiktates. Der SPD-Politiker sagte der Zeitung Die Welt, Haushaltskonsolidierung und Strukturreformen seien zwar unerlässlich, aber zu einseitig. „Ohne Wachstumsperspektive, ohne dass für die betroffenen Bevölkerungen ein Ende der Durststrecke abzusehen ist, fährt diese Politik vor die Wand. Auch in Deutschland werden wir dies spüren“, warnte Schulz.
Ähnlich äußerte sich die UN-Arbeitsorganisation ILO. „Angesichts der sich seit Ausbruch der Krise verschlimmernden sozialen Verhältnisse ist klar, dass Europa seinen Kurs ändern muss“, sagte ILO-Generaldirektor Guy Ryder der Süddeutschen Zeitung. Er forderte eine neue Strategie, die sich stärker auf Wachstum und die Schaffung neuer Arbeitsplätze ausrichte.
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Dem entgegen warnte der Wirtschaftsweise Christoph M. Schmidt vor einer Abkehr von dem Sparkurs. „Derzeit können Staatsschulden oft nur mit Hilfen der europäischen Ebene finanziert werden. Solange das so ist, würde eine langsamere Konsolidierung solche Hilfen zu einer Dauereinrichtung machen und den Euro auf Dauer destabilisieren“, sagte Schmidt der Welt. Auch der Wirtschaftsweise Lars Feld forderte, den derzeitigen Konsolidierungskurs beizubehalten. Eine Abkehr davon würde die Glaubwürdigkeit der Politik erschüttern und Investoren aus den verschuldeten EU-Mitgliedsstaaten treiben.