Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) gilt als Befürworter einer europäischen Bankenunion: er will die Finanzaufsicht stärker auf EU-Ebene bündeln. Am Mittwoch hat die Bundesregierung laut einer Meldung der Nachrichtenagentur Reuters einen entsprechenden Gesetzentwurf verabschiedet, der zukünftig eine direkte Kontrolle der wichtigsten Banken durch die Europäische Zentralbank (EZB) vorsieht. Die Bankenunion soll es zukünftig ermöglichen, eine kontrollierte Abwicklung von international agierenden Geldhäusern zu bewerkstelligen, möglichst ohne dass der Steuerzahler für Pleiten zur Kasse gebeten wird. Bisher ist jeder Nationalstaat weitestgehend selbst für die Bankenaufsicht zuständig. In Deutschland sind derzeit sowohl die Bundesbank als auch die Bafin als Finanzmarktwächter aktiv.

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Gemeinsame Finanzaufsicht war Bedingung für Euro-Rettungsfonds

Eine gemeinsame Finanzaufsicht der europäischen Länder wurde im Juni 2012 auf einem EU-Gipfel zur Bedingung gemacht, damit der europäische Euro-Rettungsfonds ESM in Kraft treten konnte. Dies ist ein Kritikpunkt für Gegner des Vorhabens: Zum einen werden nationale Zuständigkeiten an die EU abgegeben. Doch darüber hinaus soll eine Absicherung von Bankrisiken auf EU-Ebene erfolgen, so dass die EU-Länder gemeinsam für Finanzmarktrisiken haften. Im Juni 2012 hatte sich ein EU-Gipfel darauf geeinigt, dass der Euro-Rettungsfonds ESM in Zukunft nicht nur für finanziell angeschlagene Staaten einspringt, sondern auch zur Rekapitalisierung von Banken herangezogen werden kann. Befürworter einer Bankenunion argumentieren hingegen, dass international tätige Institute kaum von national beschränkten Aufsichten kontrolliert werden können.

Der Verordnungsentwurf der EU-Kommission sieht vor, dass die EZB direkt über Banken wacht, deren Bilanzsumme mindestens 30 Milliarden Euro beträgt oder mehr als 20 Prozent des Bruttoinlandproduktes eines Landes ausmacht. Zudem sollen mindestens die drei bedeutendsten Geldhäuser eines Landes von der EZB beaufsichtigt werden. Auch jene Finanzinstitute, die Hilfsgelder aus dem Rettungsfonds beanspruchen, müssen sich zukünftig gegenüber der Europäischen Zentralbank verantworten. Kleinere Geldhäuser sollen weiterhin von den nationalen Aufsichtsbehörden betreut werden. In Deutschland würden etwa 20-30 Geldinstitute unter EZB-Aufsicht gestellt werden, europaweit circa 150 von insgesamt 6.000 Banken.

Kritik an Bankenunion auch aus der eigenen Koalition

Ob sich die Bundesregierung mit ihren Plänen durchsetzen kann, ist aber fraglich. Das Gesetz muss noch den Bundesrat passieren, wo schwarz-gelb derzeit keine Mehrheit hat. Die Oppositionsparteien haben bereits durchblicken lassen, dass sie gegen den Gesetzentwurf stimmen wollen. In einem Gastbeitrag für die Zeit kritisierte der haushaltspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion Carsten Schneider, mit dem Vorhaben würde die Europäische Zentralbank zur mächtigsten EU-Institution aufsteigen – ohne demokratisch legitimiert zu sein.

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Doch auch aus Koalitionskreisen kamen kritische Stimmen. „Es ist unfassbar, dass auf die undemokratische EZB immer mehr kritische Aufgaben übertragen werden, obwohl sie längst ihre Unparteilichkeit verloren hat und zum politischen Spieler geworden ist“, sagte der FDP-Bundestagsabgeordnete Frank Schäffler dem Handelsblatt. Er kritisierte zudem, dass das Bundesfinanzministerium nicht wisse, welche deutschen Geldinstitute der EZB-Aufsicht unterstellt werden sollen. Das Finanzministerium betonte in einem Schreiben an Schäffler, zentrale Details der gemeinsamen Bankenaufsicht müssten noch ausgehandelt werden.