Dem einen Anleger werden Beteiligungsmodelle für Windräder angeboten, dem anderen für Schiffe oder Bürotürme. Derartige Vermögensanlagen sind oft hoch riskant, Totalverlust unter Umständen nicht ausgeschlossen. Damit die Verbraucher wissen, auf was sie sich einlassen, schreibt der Gesetzgeber seit dem Juni 2012 ein sogenanntes Vermögensanlagen-Informationsblatt (VIB) vor, mit dem die Anleger über die Risiken von Kapitalanlagen aufgeklärt werden sollen. Doch die Stiftung Warentest und der Verbraucherzentrale Bundesverband (Vzbv) stellen den Informationsblättern ein vernichtendes Zeugnis aus. Diese würden wenig nützlich sein und häufig nicht einmal die gesetzlichen Mindestanforderungen erfüllen.

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Viele Informationsblätter erfüllen die gesetzlichen Vorgaben nicht

Die Zeitschrift Finanztest prüfte alle 67 Kurzinformationen für Vermögensanlagen darauf, ob sie in der aktuellen Fassung auf der Internetseite des Anbieters stehen. Bei rund einem Viertel war dies nicht der Fall. Der Gesetzgeber sieht eine derartige Informationspflicht aber vor. Erst nach Anfrage von Finanztest seien die Anbieter bereit gewesen, die fehlenden Blätter auf die Internetseite zu stellen, berichtet die Stiftung Warentest in einer Pressemeldung.

Aber auch die inhaltliche Analyse der Dokumente offenbarte nach Ansicht der Verbrauchertester Defizite. 24 Kurzinformationen wurden hierfür unter die Lupe genommen. Einige Informationen seien sehr genau auf Anlageobjekte eingegangen, etwa die Hannover Leasing beim Flugzeugfonds „Flight Invest 50“. Die Mehrheit der Kurzinformationsblätter habe aber deutliche Mängel aufgewiesen.

„Zum Teil waren sie unverständlich oder zentrale Punkte der Investments fehlten. Die Texte ähnelten sich oft, vor allem bei geschlossenen Immobilienfonds“, berichtet die Stiftung Warentest. Das Fazit der Verbrauchertester: Aus den Informationsblättern lasse sich nicht ablesen, ob die Geldanlage etwas tauge. Zumindest mit dem Ausschlussprinzip könne der Kunde die Qualität einschätzen: Wenn er einen Text nicht verstehe, komme die Anlage für ihn nicht in Frage. „Wenn bereits die Kurzinformation mangelhaft ist, wird es um die Qualität der Produkte kaum besser stehen“, sagte Dorothea Mohn, Finanzexpertin beim Verbraucherzentrale Bundesverband.

Verbraucherzentralen wollen aktiven Vertrieb riskanter Geldanlagen an Privatpersonen verbieten lassen

Die Verbraucherzentralen fordern vom Gesetzgeber strengere Vorschriften beim Vertrieb hochriskanter Finanzprodukte. So müsse der aktive Vertrieb riskanter Vermögensanlagen an Privatanleger verboten werden. Es sei für Privatpersonen kaum möglich, den Wert und die Risiken einer solchen Geldanlage realistisch einzuschätzen, da die fehlende Regulierung und die Komplexität der Produkte dies verhindere. So fehle bei diesen Produkten etwa ein adäquater und unabhängiger Kaufpreis, wie er an der Börse gebildet werde, vom Totalverlustrisiko ganz zu schweigen. Auch die geplante EU-Richtlinie zur Regulierung alternativer Investmentfonds sehe deshalb keinen Vertrieb derartiger Vermögensanlagen an Privatanleger vor, argumentieren die Produkttester. Sie erlaube es den Mitgliedsstaaten lediglich, davon abzuweichen. Leider mache davon Deutschland als fast einziges Land in der EU Gebrauch.

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„Die ernüchternden Ergebnisse und die Erfahrungen aus der Finanzberatung der Verbraucherzentralen belegen, dass mangelhafte Informationen und Falschberatung bei geschlossenen Fonds und anderen nicht börsengehandelten Beteiligungsinstrumenten ein Thema bleiben. Wir brauchen weitergehende Schutzvorschriften“, sagt Mohn. Zukünftig sollen die Informationsblätter konkret die Verlustrisiken deutlich machen und eine Aussage darüber enthalten, wer unter welchen Voraussetzungen für die jeweilige Vermögensanlage geeignet sei. Darüber hinaus solle ein sogenannter Finanzmarktwächter eingesetzt werden, der auf Basis von Verbraucherbeschwerden die Erfolge von Regulierungsmaßnahmen überprüft. „Der Finanzmarktwächter wirkt präventiv. So lässt sich eingreifen, bevor Verbrauchern Verluste entstehen“, sagt Vzbv-Expertin Mohn.