Wegen des Urteils des Bundesgerichtshofes (BGH) gingen es beim Versicherungsombudsmann besonders viele Beschwerden ein. Die Entscheidung vom 25. Juli 2012 (Az. IV ZR 201/10) regulierte einschneidend Kostenverrechnung und Stornoabzug in Lebensversicherungsverträgen. (Versicherungsbote berichtete: BGH-Urteil zu Lebensversicherungsklauseln verunsichert Branche ). Die Beschwerdequote war allerdings nicht so hoch, wie nach einem Urteil des BGH vom 12. Oktober 2005 zu den selben Streitpunkten. Damals fielen 55,4 Prozent der Beschwerden in die Sparte der Lebensversicherung.

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In dem aktuellen Urteil befand der BGH zum einen, dass die Kostenverrechnungsklausel nach dem sogenannten Zillmerverfahren im Falle von Kündigung oder Beitragsfreistellung eine unangemessene Benachteiligung darstellt. Der Stornoabzug sollte zudem vom gezillmerten Deckungskapital vorgenommen werden. Mit dem Wegfall der Zillmerabrede fehlt aber der Anknüpfungspunkt für die Stornoklausel, so das Gericht. So ist zum anderen die Vermischung von gesetzlichem Rückkaufswert und Stornoabzug nicht nur intransparent, sie stellt auch einen Verstoß gegen § 309 Nr. 12 a BGB dar. Der Versicherungsnehmer werde bezüglich der Beweislastverteilung in die Irre geführt. In der bisherigen Stornoklausel werde nicht deutlich, dass zunächst der Versicherer die Angemessenheit des Stornoabzuges zu beweisen habe. Erst dann könnte der Versicherungsnehmer für seinen Fall einen geringeren Aufwand nachweisen. Beide Klauseln wurden entsprechend für unwirksam erklärt.

Weiterhin Rechtsunsicherheit bei Ermittlung der Rückkaufswerte

Noch ist häufig unklar, wie die Lücken, die durch die Unwirksamkeitserklärung der Klauseln bei den Abschlusskosten entstanden sind, in den betroffenen Verträgen zu füllen sind. „Der gesamte Problemkreis ist rechtlich noch nicht vollständig geklärt“, heißt es im Jahresbericht des Ombudsmannes.

Zwei Varianten gibt es, um die Höhe der Kosten zu ermitteln: Einerseits könnte sich an einer Regelung aus dem neuen Versicherungsvertragsgesetz orientiert werden: In den ab 1. Januar 2008 geschlossenen Verträgen würden sich die einmaligen Abschlusskosten auf die ersten fünf Jahre gleichmäßig verteilen. Dementsprechend könnte der Rückkaufswert ermittelt werden. Andererseits könnte man die Hälfte des sogenannten ungezillmerten Deckungskapitals als Mindestrückauffswert anzusetzen. Dies entspricht auch den BGH-Urteilen vom 12. Oktober 2005. Nach Ansicht des Ombudsmannes wäre es ratsam, eine ergänzende Vertragsauslegung vorzunehmen, wie es auch das Gericht 2005 in einer ähnlichen rechtlichen Situation tat. Die Versicherer haben sich bei der Neuberechnung der Rückkaufswerte bisher auf die BGH-Grundsätze von 2005 gestützt.

Seit dem Urteil vom Juli 2012 ist es grundsätzlich möglich, den Versicherer anzuweisen, den Rückkaufswert neuberechnen zu lassen. Nicht in allen Fällen ist die Anwendung der Neuregelung allerdings wirksam. So ist noch offen, ob sie auch für Verträge gilt, die vor Mitte 1994 geschlossen wurden. Zu diesem Zeitpunkt waren Bedingungen noch vom Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen geprüft worden, ein Vorläufer der BaFin. Bisher sind dahingehend Rechtsfragen nicht eindeutig geklärt. Auch findet sich die Klausel zum Stornoabzug erst seit Mitte 1994 in den Vertragsbedingungen der Lebensversicherer. Zuvor wurde Der Abzug nur im Geschäftsplan der Unternehmen reguliert. In den nach der VVG-Reform 2008 geschlossenen Verträgen musste nur die Wirksamkeit der Stornoklausel überprüft werden, da die Abschlusskosten dort bereits automatisch auf die ersten 5 Jahre verteilt werden.

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Auch mediale Berichterstattung für häufige Beschwerden in Lebensversicherung verantwortlich

Die BGH-Rechtsprechung und grundsätzlich die angespannte Finanzmarktsituation veranlassten viele Verbraucher dazu, sich bei ihren Lebens- und Rentenversicherern zu beschweren. Gepusht wurde dieses Verlangen auch durch die Medien. Der Ombudsmann stellte fest: „Entsprechende Berichte schlugen sich indirekt in der Beschwerdebearbeitungnieder.“ Gerade Berichte, die zu hohe Kosten und zu niedrige Verzinsung behaupteten, prägten das Bild der Verbraucher von ihren Vertragspartnern negativ. „Auch wurde die Absenkung der Überschussbeteiligung nicht mit der Finanzmarktentwicklung, sondern mit Schwächen der Lebensversicherungsunternehmen erklärt“ kritisiert die Schlichtungsstelle.