Deutsche Unternehmen klagen über zunehmend schlechte Zahlungsmoral in Europa
Die Zahlungsmoral der europäischen Unternehmen hat sich in den vergangenen Monaten merklich verschlechtert. Schuld seien fehlende finanzielle Mittel infolge der Eurokrise. Doch auch die Stimmung in den Unternehmen ist getrübt, ergab das aktuelle Zahlungsmoralbarometer des internationalen Kreditversicherers Atradius. Eine aktuelle Insolvenzprognose bestätigt die anhaltende Rezession in Europa.
Schlechte Zahlungsmoral in europäischen Unternehmen – und auch die Aussichten sind wenig optimistisch. Dies zeigt eine regelmäßig durchgeführte Umfrage des internationalen Kreditversicherers Altradius unter 3.000 Unternehmen aus 14 europäischen Ländern, die das Zahlungsverhalten von Firmenkunden analysiert.
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Die befragten deutschen Lieferanten mussten 3,7 Prozent der Gesamtsumme ihrer ausstehenden Rechnungen im Inland als Totalausfall verbuchen. Das entspricht einer Steigerung von stolzen 37 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Noch verheerender fällt die Negativbilanz bei Forderungen gegenüber ausländischen Firmenkunden aus. Hier seien die Abschreibungen sogar um 71,4 Prozent auf nun 4,8 Prozent gestiegen. Europaweit blieben die befragten Unternehmen auf 5 Prozent der Gesamtsumme ihrer Forderungen sitzen. Mehr als jedes zweite deutsche Unternehmen gab die fehlende Liquidität seiner Geschäftskunden als Hauptgrund für die Verluste an.
„Die Ergebnisse zeigen, dass Lieferanten insbesondere im Ausland mit säumigen Zahlern zu kämpfen haben“, bestätigt Andreas Tesch, Chief Market Officer von Atradius. „Die andauernde Eurokrise hat wesentlich zum Liquiditätsengpass – insbesondere in den südlichen Ländern Europas – beigetragen“. Spitzenreiter bei der Summe uneinbringlicher Forderungen ist Italien, wo die Befragten 7,6 Prozent der Forderungssumme nur als Verlust abschreiben konnten. An zweiter Stelle folgt die Türkei mit 6,7 Prozent Abschreibungen und Griechenland mit 6,3 Prozent.
Rückgang der Lieferantenkredite zeugt von Misstrauen
Insgesamt sei die Skepsis in den befragten Ländern gestiegen, berichtet Atradius, was sich auch am deutlichen Rückgang der gewährten Lieferantenkredite zeige. Die Bereitschaft deutscher Lieferanten, Geschäftspartnern im Ausland Zahlungen auf Ziel zu gewähren, also längere Fristen für die Zahlung zu vereinbaren oder auf Rechnung zu liefern, sei um 22 Prozent gegenüber dem Vorjahr auf nun 36,4 Prozent gesunken. Im europäischen Durchschnitt wurden für 41,9 Prozent der Forderungen Lieferantenkredite gewährt, was einem Rückgang von knapp neun Prozent entspricht.
Aber die Lage auf den europäischen Märkten könnte sich noch weiter verschärfen. In der kürzlich veröffentlichten Prognose Economic Outlook Mai 2013 von Atradius prognostizierten die Risikoexperten einen weiteren Anstieg der Firmenzusammenbrüche in Europa. Speziell die deutschen Nachbarländer Belgien und Frankreich müssen sich demnach auf einen Anstieg der Insolvenzen um 6 Prozent bzw. 4 Prozent einstellen. Für Griechenland und Italien, die seit Jahren ein hohes Insolvenzniveau verzeichnen, wird mit einer Zunahme von 10 Prozent gerechnet. Die Nachfrage nach Produkten und Dienstleistungen könnten diese Entwicklungen weiter trüben – zu Lasten der Liquidität von Unternehmen.
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„Um sich vor säumigen Zahlern und Forderungsausfällen zu schützen, sollten Unternehmen die Kreditwürdigkeit ihrer Kunden in Form von Bonitätsanalysen und aktuellen Informationen regelmäßig prüfen“, sagt Dr. Thomas Langen, Senior Regional Director von Atradius. Erfahrungswerte würden nicht ausreichen, um die Sicherheitslücke nachhaltig zu schließen, insbesondere im Außenhandel. Zur Absicherung empfiehlt Thomas Langen den Unternehmen eine Kreditversicherung – nicht ganz uneigennützig. Die Atradius Gruppe zählt mit 31 Prozent Marktanteil zu den großen Anbietern am weltweiten Kreditversicherungsmarkt.