Demografischer Wandel - Wie sich die Versicherungsbranche dafür rüstet
Dass die Bevölkerungspyramide kippt, wird schon lang vorhergesagt. Dieser Zustand wird auch die Versicherungsgesellschaft nicht unberührt lassen. Zunehmend wird diese mit den Auswirkungen zu kämpfen haben. Studien und Prognosen aus den letzten zwei Jahren hat Versicherungsbote noch einmal zusammengefasst.
Mit der zweiten Hälfte der 1960er Jahre kam es zu einem langsamen Abfall der Geburtenzahlen, der sich bis heute kontinuierlich durchsetzt. Damals verzeichnete man jährlich noch über eine Million Kinder, inzwischen liegt die Zahl bei weniger als 700.000 Kindern pro Jahr. Gleichzeitig steigt die Lebenserwartung der Menschen, die Bevölkerung wird immer älter. In dem Beitrag „Die Folgen des demografischen Wandels für die Krankenkassen“ des PKV-Verbandes wird von einer Verdreifachung des Anteils der Menschen über 80 Jahre gesprochen. Die Zahl der Aktiven im erwerbsfähigen Alter wird hingegen um ein Drittel schrumpfen, mit Auswirkungen auf das Sozialsystem. Betreffen wird das insbesondere die Finanzierung des Gesundheitswesens.
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Die Folgen des demografischen Wandels für die Krankenkassen
Grenzen der Finanzierbarkeit im Gesundheitswesen
Die Gesundheitskosten betragen in Deutschland im Schnitt 3.100 Euro pro Kopf und Jahr. Bei den über 85-jährigen sind es hingegen 14.840 Euro. Das sogenannte Umlageverfahren wird vor allem das Modell der Gesetzlichen Krankenversicherung an die Grenzen der Finanzierbarkeit bringen. Immer weniger Erwerbstätige müssen immer mehr Ältere mit steigenden Krankheitskosten mitfinanzieren. „Die Spitzenbelastungen der demographischen Entwicklung stehen uns noch bevor. Die immer größer werdende Lücke zwischen Einnahmen und Ausgaben führt dazu, dass unsere Kinder und Enkel massiv durch steigende Beiträge und Steuern belastet werden“, heißt es im Beitrag des PKV-Verbandes. Das Modell der privaten Krankenversicherung ist mit ihrer Kapitaldeckung allerdings gut auf die Folgen des demographischen Wandels vorbereitet und bildet eine wichtige Säule zur Finanzierung des Gesundheitssystems. Denn trotz des medizinischen Fortschritts wird die Behandlung und Pflege sehr kostenintensiv bleiben, was die Kranken- und Pflegeversicherer belastet.
Wir werden älter, müssen wir auch länger arbeiten?
Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung gab im Mai 2011 im Auftrag der Bundesregierung bekannt, dass eine Erhöhung der Rente mit 67 wohl bis 2029 umgesetzt werden müsse. Grund sei, dass der Rentenbeginn an die zunehmende Lebenserwartung gekoppelt werden müsse, um die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu gewährleisten. In den Jahren 2045 und 2060 wird dann vermutlich sogar ein gesetzliches Renteneintrittsalter von 68 beziehungsweise 69 Jahren erforderlich sein, denn im Jahr 2060 dürfte jeder Dritte in Deutschland über 65 Jahre alt sein und jeder Siebte das 80. Lebensjahr überschritten haben.
Kfz-Haftpflicht muss mit den größten Verlusten rechnen
Die Generation über 50 wird bis 2030 auf etwa 50 Prozent steigen, die der 20- bis 49-jährigen wird um 20 Prozent sinken. Ein Wachstum der Realeinkommen von über einem Prozent jährlich ist dann notwendig um diesen Rückgang auszugleichen. Fraglich ist, ob das machbar sein wird, denn auch wenn die Nachfrage nach der privaten Altersvorsorge steigen wird, bleibt die Nachfrage nach privaten Pflegezusatzversicherungen noch schwach und es muss mit längeren Auszahlungszeiten gerechnet werden.
Laut einer Marktstudie vom Institut für Management- und Wirtschaftsforschung (IMWF) aus dem Jahr 2011, wird die Kfz-Haftpflicht bis zum Jahr 2030 mit einer Reduzierung der Policen um knapp sechs Millionen den größten Verlust verzeichnen. Einen ähnlichen Rückgang wird es auch bei der privaten Haftpflicht- und Hausratversicherung geben. Die Zahl der Versicherten wird sich hier jeweils um knapp fünf Millionen reduzieren.
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Die Versicherungen werden sich anpassen müssen
Der Geburtenrückgang wird bestehen bleiben. Ein Trend dies zu bremsen wird durch Immigration angestrebt. Einheitliche, realistische oder schlagkräftige Konzepte gibt es aber bisher nicht. Die Studienautoren des IMWF raten der Versicherungsbranche, sich verstärkt auf die potentiellen Neukunden bei der jüngeren Generation zu konzentrieren. Die Towers-Watson-Studie, auch aus dem Jahr 2011, ergab, dass bisher nur 41 Prozent der Unternehmen eine aktive Auseinandersetzung mit dem demografischen Wandel in der Geschäftsleitung verankern.
Die Studie „Vertriebsmotor für die Assekuranz“ des Deutschen Ring Krankenversicherungsvereines und des Instituts für Versicherungswirtschaft der Universität St. Gallen aus dem Vorjahr zeigte einen anderen Trend auf. Von 286 befragten Fach- und Führungskräften aus der Branche deutschsprachiger Versicherungen, wollen sich immerhin 61 Prozent mit differenzierten Produkten und Vertriebsstrategien auf die unterschiedlichen Altersgruppen vorbereiten. Mit neuen Produktlösungen für ältere Menschen, insbesondere in der Pflegeabsicherung, wollen sich 40 Prozent der Befragten dem Wandel stellen.