Der Stornoabzug bezeichnet einen Abzugsbetrag, der im Falle einer Kündigung eines Lebensversicherungsvertrags von der Deckungsrückstellung des Versicherungsunternehmens abgezogen wird. Dieser Betrag reduziert den dem Versicherungsnehmer ausgezahlten Rückkaufswert erheblich. Ein Stornoabzug ist gemäß § 169 Abs. 5 des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) zulässig, sofern er vertraglich vereinbart, angemessen und beziffert ist
Hintergründe des Stornoabzugs
Die Gründe für einen Stornoabzug liegen in den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen der Lebensversicherer. Bei der vorzeitigen Kündigung eines Versicherungsvertrags entstehen für das Versicherungsunternehmen verschiedene Kosten, die durch diesen Abzug teilweise kompensiert werden sollen. Zu den Hauptgründen zählen:
- Nicht amortisierte Abschlusskosten: Die bei Vertragsabschluss angefallenen Kosten für Provisionen oder Verwaltung sind häufig noch nicht vollständig gedeckt.
- Verwaltungskosten: Auch die Bearbeitung einer Kündigung verursacht Kosten.
- Antiselektion: Gesunde Versicherungsnehmer kündigen eher ihre Risiko- oder Lebensversicherungen, was die Risikoprofile der verbleibenden Versicherungsnehmer negativ beeinflusst.
- Risikokapitalentzug: Bei vorzeitigen Kündigungen geht Risikokapital verloren, das für die Absicherung des gesamten Versicherungskollektivs benötigt wird.
Gesetzliche Regelung des Stornoabzugs
Laut § 169 Abs. 5 VVG ist ein Stornoabzug nur zulässig, wenn er:
- vertraglich vereinbart ist,
- angemessen ist und
- beziffert wird.
Die Vereinbarung und Höhe des Stornoabzugs müssen transparent und für den Versicherungsnehmer nachvollziehbar sein. Ein pauschaler Abzug ist unzulässig, wenn er nicht konkret begründet wird. Zudem verbietet das Gesetz einen Stornoabzug für noch nicht getilgte Abschluss- und Vertriebskosten.
Berechnung des Stornoabzugs
Die Höhe des Stornoabzugs variiert je nach Versicherungsunternehmen und Vertragstyp. In der Regel wird der Abzug von der Deckungsrückstellung berechnet, die den Wert der bereits angesparten Beiträge zuzüglich erwirtschafteter Zinsen darstellt. Die Formel lautet:
Rückkaufswert = Deckungsrückstellung – Stornoabzug
Die genaue Berechnungsmethode muss in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) oder im Versicherungsvertrag festgelegt sein.
Wirtschaftliche und soziale Auswirkungen
Der Stornoabzug erfüllt aus Sicht der Versicherer eine wichtige wirtschaftliche Funktion, indem er:
- Kosten ausgleichen hilft, die durch vorzeitige Vertragskündigungen entstehen,
- Finanzielle Stabilität des Versicherers gewährleistet und
- Risikokapital für das Versicherungskollektiv schützt.
Aus Sicht der Versicherungsnehmer wirkt der Stornoabzug jedoch oft negativ, da er den Rückkaufswert deutlich mindern kann. Gerade in Zeiten finanzieller Engpässe kann die Auszahlung eines geringeren Betrags unerwartet belastend sein.
Beispiel für den Stornoabzug
Ein Versicherungsnehmer hat eine Lebensversicherung mit einer aktuellen Deckungsrückstellung von 10.000 Euro. Aufgrund der vorzeitigen Kündigung berechnet der Versicherer einen Stornoabzug von 500 Euro. Der Rückkaufswert, den der Versicherungsnehmer erhält, beträgt somit:
10.000 Euro – 500 Euro = 9.500 Euro
Kritik am Stornoabzug
Der Stornoabzug steht häufig in der Kritik, da er für Versicherungsnehmer schwer nachvollziehbar und undurchsichtig erscheint. Die wichtigsten Kritikpunkte sind:
- Intransparente Berechnungsgrundlagen: Die genaue Höhe und Begründung des Abzugs sind für Versicherungsnehmer oft schwer zu verstehen.
- Hohe finanzielle Einbußen: Der Abzug reduziert den Rückkaufswert erheblich, was zu Unzufriedenheit führen kann.
- Soziale Ungerechtigkeit: Versicherungsnehmer, die aufgrund finanzieller Schwierigkeiten kündigen müssen, werden doppelt benachteiligt.
Möglichkeiten zur Vermeidung des Stornoabzugs
Versicherungsnehmer können Maßnahmen ergreifen, um den Stornoabzug zu vermeiden oder zu minimieren:
- Beitragsfreistellung: Anstatt den Vertrag zu kündigen, kann dieser beitragsfrei gestellt werden.
- Vertragsübertragung: Der Vertrag kann auf eine andere Person übertragen werden.
- Alternative Finanzierungsquellen: In finanziellen Notlagen sollten alternative Optionen geprüft werden, um den Versicherungsvertrag aufrechtzuerhalten.
Rechtliche Alternativen zum Stornoabzug
Einige Versicherer bieten Alternativen zum klassischen Stornoabzug an, wie:
- Reduzierte Rückkaufswerte,
- Verträge mit kürzeren Laufzeiten,
- Flexible Anpassungsmöglichkeiten bei Zahlungsschwierigkeiten.
FAQ zum Thema Stornoabzug
1. Was ist der Stornoabzug in der Lebensversicherung?
Der Stornoabzug ist ein Betrag, der bei Kündigung eines Lebensversicherungsvertrags von der Deckungsrückstellung abgezogen wird, um Verwaltungskosten und andere finanzielle Verluste des Versicherers auszugleichen.
2. Wie wird der Stornoabzug berechnet?
Der Stornoabzug wird von der Deckungsrückstellung berechnet und variiert je nach Vertrag und Versicherer. Die genaue Berechnungsmethode muss vertraglich festgelegt sein.
3. Ist der Stornoabzug gesetzlich erlaubt?
Ja, gemäß § 169 Abs. 5 VVG ist der Stornoabzug erlaubt, sofern er vertraglich vereinbart, angemessen und beziffert ist.
4. Wie kann ich den Stornoabzug vermeiden?
Alternativen zur Kündigung, wie die Beitragsfreistellung oder Vertragsübertragung, können helfen, den Stornoabzug zu vermeiden.
5. Warum gibt es den Stornoabzug?
Der Stornoabzug dient dazu, die durch vorzeitige Kündigungen entstehenden Kosten auszugleichen und die finanzielle Stabilität des Versicherers zu sichern.
6. Ist der Stornoabzug in allen Versicherungen üblich?
Der Stornoabzug kommt vor allem in der Lebensversicherung vor, ist jedoch nicht in allen Versicherungsarten verbreitet.
Fazit
Der Stornoabzug spielt eine zentrale Rolle bei der wirtschaftlichen Absicherung von Lebensversicherern, bringt jedoch auch Herausforderungen für Versicherungsnehmer mit sich. Eine transparente Kommunikation und die Prüfung von Alternativen zur Kündigung können dazu beitragen, unnötige finanzielle Einbußen zu vermeiden.