G über S und E – darauf achten Kunden bei Versicherern
Auch in der Versicherungsbranche werden Nachhaltigkeitskriterien immer wichtiger. Eine aktuelle Studie von Q_Perior zeigt: Achten Versicherer dabei auf die richtigen Faktoren, führt das zu zufriedeneren und loyaleren Kunden – und sogar zu einer höheren Zahlungsbereitschaft. Ein Gastbeitrag von Eva Baumgart und Thanh Ngoc Bui, beide Manager bei Q_Perior.
ESG – dieses Kürzel hat vieles verändert. Waren die drei Buchstaben noch vor einigen Jahren höchstens Nischenwissen, sind sie mittlerweile aus vielen Bereichen nicht mehr wegzudenken. ESG steht für Environment, Social und Governance, also Umwelt, Soziales und (gute) Unternehmensführung. Diese drei Kriterien sind zentral für die Bewertung, wie nachhaltig ein Unternehmen aufgestellt ist und rücken in gesellschaftlichen Diskussionen, in der medialen Berichterstattung und auch in der Politik immer stärker in den Fokus. Sie haben längst die Diskursebene verlassen und entfalten wachsende Bedeutung im wirtschaftlichen Alltag – auch bei Versicherern.
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In der breiten öffentlichen Debatte wird üblicherweise das Thema Umwelt am stärksten beachtet. Nun zeigt eine aktuelle Umfrage: Für Kunden von Versicherern ist hingegen die Governance der wichtigste Faktor. Bemerkenswerte 85 Prozent erachten verantwortungsvolle Unternehmensführung bei Versicherern als wichtig oder sehr wichtig. 76 Prozent gaben an, dass ihnen soziale Verantwortung wichtig oder sehr wichtig ist und vergleichsweise geringe 61 Prozent stimmten der Aussage zu „Mir ist wichtig bzw. sehr wichtig, dass das Versicherungsunternehmen einen Beitrag zum Umweltschutz leistet“. Das ist ein zentrales Ergebnis der aktuellen Studie „Nachhaltigkeit in der Versicherungsbranche: Das erwarten Kunden beim Thema ESG entlang der Customer Journey“ des Beratungsunternehmens Q_Perior.
Das richtige Produkt für die richtige Zielgruppe
Zudem zeigt die Studie, dass Nachhaltigkeit für Kunden mittlerweile ein wichtiger Faktor für den Abschluss einer Versicherung ist. So geben 80 Prozent der Befragten an, beim nächsten Versicherungsabschluss mindestens ein ESG-Kriterium berücksichtigen zu wollen. Mehr als ein Drittel möchten mindestens zwei Kriterien berücksichtigen und 20 Prozent wollen auf alle drei Kriterien achten. Bei einem vergangenen Abschluss haben hingegen nur 40 Prozent mindestens ein ESG-Kriterium berücksichtigt.
Darüber hinaus wird klar: Viele Versicherte würden für nachhaltige Produkte sogar mehr zahlen. Laut der Studie von Q_Perior gilt das für 58 Prozent der Befragten. Sie sind bereit, im Durchschnitt sieben Prozent mehr für ein Produkt mit nachhaltigen Produktfeatures zu zahlen. Insbesondere die jüngeren Kundengruppen zeigen eine deutlich erhöhte Zahlungsbereitschaft: Die Altersgruppe der 18- bis 29-Jährigen ist bereit, durchschnittlich12 Prozent und die 30- bis 39-Jährigen durchschnittlich11 Prozent mehr zu zahlen. Dieser Effekt verstärkt sich noch bei Betrachtung einer speziellen Zielgruppe: Eltern unter 40 Jahren haben im Durchschnitt eine um 15 Prozent höhere Zahlungsbereitschaft. Das eröffnet Versicherungen spannende Opportunitäten. Wird die richtige Zielgruppe mit dem richtigen Produkt angesprochen, können bislang unausgeschöpfte Potenziale gehoben werden.
Transparent und glaubwürdig berichten
Um diese Potentiale zu nutzen, müssen Versicherer jedoch auch gut, transparent und überzeugend kommunizieren, wo und wie sie im Bereich Nachhaltigkeit unterwegs sind – und hier besteht an vielen Stellen noch Handlungsbedarf. Die Studie hat für 13 Versicherungsunternehmen untersucht, wie nachhaltig sie wahrgenommen werden. Dabei auffallend: Bei vielen betrachteten Versicherungsunternehmen unterscheidet sich die Wahrnehmung durch die eigenen Kunden deutlich von der allgemeinen Wahrnehmung. Insgesamt zeigt sich jedoch in beiden Dimensionen noch Potential zur Steigerung der Nachhaltigkeitswahrnehmung. Die Maßnahmen, die Versicherer hierbei ergreifen können, sind vielfältig. So trägt beispielsweise die Reduktion der CO2-Emissionen in den internen Geschäftsprozessen oder die Reduktion des Papierverbrauches in der Kommunikation maßgeblich zu einer nachhaltigen Wahrnehmung bei. Auch die Unterstützung des Versicherers durch Schadenpräventionsmaßnahmen oder, wenn der Schadenfall eingetreten ist, durch Leistungen über die reine Auszahlung der Leistungssumme hinaus, wie bspw. Assistance-Leistungen, tragen zu einer positiven Wahrnehmung im Kontext Nachhaltigkeit bei. Hier lohnt sich für Versicherer ein Blick auf die externe Kommunikation zum Thema Nachhaltigkeit, um die Wahrnehmung der eigenen Kunden sowie auch die des Marktes im Kontext Nachhaltigkeit zu schärfen.
Diese Wahrnehmung, insbesondere die der eigenen Kunden, ist für Versicherer zentral. Das belegen die Daten der Auswertung: Es gibt einen Zusammenhang zwischen der Kundenwahrnehmung von Nachhaltigkeit und der Kundenzufriedenheit. Kunden, die erkennen, dass und inwiefern ein Versicherer nachhaltig agiert, insbesondere in den Bereichen Governance und soziale Verantwortung, neigen zu einer höheren Zufriedenheit mit dem Versicherungsunternehmen. Diese übersetzt sich in eine gesteigerte Loyalität, die wiederum zu niedrigeren Kündigungs- und Stornoquoten führt, sowie eine höhere Vertragsdichte je Kunde manifestiert. Versicherungsunternehmen, die diese Aspekte in ihrer Strategie berücksichtigen und erfolgreich umsetzen, können somit einen Wettbewerbsvorteil erlangen.
Angesichts dieser Erkenntnisse wird es für Versicherer essenziell, ihre Nachhaltigkeitsbemühungen nicht nur zu optimieren, sondern diese auch klar und glaubwürdig nach außen zu kommunizieren. Die Diskrepanz zwischen der Wahrnehmung bei eigenen Kunden und der allgemeinen Öffentlichkeit, unterstreicht die Notwendigkeit einer effektiven externen Kommunikation. Mit einer transparenten Darstellung der eigenen Nachhaltigkeitsmaßnahmen können Versicherer dazu beitragen, das Vertrauen ihrer Kunden zu stärken und die eigene Markenwahrnehmung positiv zu beeinflussen. Damit erschließen sich für Versicherer neue und interessante Möglichkeiten, sich in einem wettbewerbsintensiven Markt erfolgreich zu positionieren – und nachhaltig zu wachsen.
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